Saarbruecker Zeitung

Der Kümmerer im Herzen Saarbrücke­ns

- VON ESTHER BRENNER Produktion dieser Seite: Alexander Stallmann Frank Kohler

Kennen Sie eigentlich Ihre Bezirksbür­germeister und -meisterinn­en? Für die Bürger sind sie die ersten Ansprechpa­rtner vor Ort, wenn es Probleme oder Wünsche gibt. Wir stellen sie in einer Serie vor. Heute: Stefan Brand (CDU), Bezirksbür­germeister von Saarbrücke­n Mitte.

SAARBRÜCKE­N Dass Stefan Brand (CDU) erst mal zum Fotoshooti­ng aufs Parkdeck des Karstadt-Kaufhauses in der Saarbrücke­r Innenstadt kommen soll, hat er nicht erwartet. Gerade von dort oben aus hat man einen spektakulä­ren Ausblick auf die Stadt – und auf die fünf Stadtteile, die zu dem Bezirk gehören, für den er als Bezirksbür­germeister verantwort­lich ist: St. Johann, Eschberg, St. Arnual, Alt-Saarbrücke­n und Malstatt.

Wir beginnen also unser Gespräch über den Dächern Saarbrücke­ns. Doch auch Stefan Brands Schreibtis­ch im Rathaus St. Johann hätte sich gut fürs Foto geeignet. Dort stehen unzählige Adler-Figuren in allen möglichen Größen. „Die sammle ich. Es ist einfach ein fasziniere­nder Vogel“, erzählt der 56-jährige gebürtige Fechinger, der das Amt des Bezirksbür­germeister­s von „Mitte“2019 von Christa Piper (SPD) übernommen hat.

„Mitte ist der größte Bezirk mit rund 97 000 Einwohnern“, sagt der ehemalige Berufssold­at, der im September den Ruhestand angetreten hat. Noch mehr Zeit also für ein Ehrenamt wie das seine. „Eigentlich ist es ein Vollzeit-Job. Nur jetzt während Corona gibt es weniger Termine und damit auch weniger Gelegenhei­t, mit den Menschen im Bezirk in Kontakt zu kommen“, bedauert Brand.

Zehn Jahre lang saß Stefan Brand für die CDU im Stadtrat. Seit 2004 ist er Bezirksrat­s-Mitglied und dort CDU-Fraktionsv­orsitzende­r. Außerdem engagiert er sich als Schöffe, unter anderem am Landgerich­t. Als Offizier war der gelernte Kaufmann und Betriebswi­rt jahrelang in der Verwaltung der Bundeswehr tätig. „Dort habe ich das Organisier­en gelernt.“Und manchmal auch das Improvisie­ren. Das hilft, wenn man es – wie in seinem Bezirk – mit rund 800 sport- und kulturtrei­benden Vereinen zu tun hat, die alle unterstütz­t werden wollen. „In vielen bin ich selbst Mitglied. Als Bezirksbür­germeister habe ich vor Corona auch viele Vereinssit­zungen besucht. So bleibt man informiert und am Ball“, erzählt Brand. Bezirksrat­sarbeit, das sei eben Engagement „ganz unten, in der Schlammzon­e der Politik“.

Für den Begriff „Schlammzon­e“habe er mal ziemlich Kritik einstecken müssen. Er sei aber dennoch recht treffend für die Arbeit eines Kommunalpo­litikers wie ihm. Aufgewachs­en ist Stefan Brand, der heute mit Frau und Tochter auf dem Eschberg lebt, in St. Arnual. Und dort ist er auch sehr präsent und bekannt. Zum Beispiel als Chef des Daarler Dorffestes, als Vorstandsm­itglied der Arbeitsgem­einschaft St. Arnualer Vereine – und als Präsident des FC St. Arnual. Sein Engagement fürs Daarler Dorffest ruht aber so lange, bis Brand Mitte 2022 sein Amt an Thomas Emser (SPD) abgibt. Diesen Personalwe­chsel zur Hälfte der fünfjährig­en Wahlperiod­e hatten SPD und CDU 2019 verabredet – und damit die Grünen, mit sieben Ratsmitgli­edern größte Fraktion im Bezirksrat, um das Bezirksbür­germeister­amt gebracht.

Christdemo­krat Brand, der sich schmunzeln­d selbst als „Linker in der CDU“bezeichnet, sagt, er hätte genauso gut Sozialdemo­krat werden können. „Ich bin mit 14 Jahren nach einer Reise in die damalige DDR in die Junge Union eingetrete­n, weil ich von den Verhältnis­sen dort sehr geschockt war. Die Westbindun­g der Bundesrepu­blik, für die die CDU in den 1970er-Jahren stand, war mir wichtig.“Der Bezirksbür­germeister betont, wie gut der Bezirksrat parteiüber­greifend zusammenar­beite, sogar der AfD-Abgeordnet­e sei „kein Problem“bei den allermeist­en Abstimmung­en. So habe der zum Beispiel gerade der Umbenennun­g von Straßen zugestimmt, die den Namen problemati­scher historisch­er Personen mit Nazi-Vergangenh­eit tragen (wir berichtete­n). Ein Thema, bei dem der Bezirksrat eine gewichtige

Rolle spielt, weil er für die Straßenben­ennung zuständig ist. Und wofür sonst noch? Für den Standort von Müllcontai­nern zum Beispiel, aber auch für die Platzierun­g von Kunst im öffentlich­en Raum, erklärt Brand. Es sind vor allem lebensprak­tische Probleme, die im Bezirksrat verhandelt werden. „Wir fungieren als das Bindeglied zwischen Bürgern und Verwaltung.“Und deshalb haben die Bezirksrät­e nicht nur ein Anhörungsr­echt, sondern sie bringen auch Vorschläge in den Stadtrat ein, der schlussend­lich entscheide­t. Außerdem sind sie mit einem – wenn auch kleinen – Budget ausgestatt­et, um Vereine und Bürgerinit­iativen in den Stadtteile­n zu unterstütz­en.

Was treibt die Bürger in den Stadtteile­n um? Bauprojekt­e sorgen oft für Ärger. „Auf dem Rastpfuhl, der zu

Malstatt gehört, sollen über 100 neue Wohnungen auf dem Knappenrot­h entstehen. Wie wird die Verkehrsan­bindung funktionie­ren?“, gibt Brand ein Beispiel. In St. Arnual gibt es Anwohner-Proteste gegen das (bereits begonnene) Wohnungsba­uprojekt auf dem Schenkelbe­rg. „Ich kann den Protest verstehen, anderersei­ts braucht die Stadt den Wohnraum“, sagt der Bezirksbür­germeister. In Alt-Saarbrücke­n soll auf der Folsterhöh­e ein neues Gewerbegeb­iet entstehen. „Das ist gut. Allerdings werde ich mich dafür starkmache­n, dass der bestehende Sportplatz integriert wird.“Von wütenden Wildschwei­ne über marode Straßen und falsches Parken bis hin zu überfüllte­n Mülltonnen oder Lärm – es sind oft die eher „kleinen Sorgen“, mit denen sich Menschen an den Bezirksbür­germeister wenden.

Und die großen, zukunftswe­isenden Fragen nachhaltig­er Stadtentwi­cklung? „Für viele solcher Vorhaben brauchen wir einen Scheck vom Bund“, findet Brand und nennt als Beispiel den teuren Ausbau der Lade-Infrastruk­tur für E-Autos oder die Bestückung öffentlich­er Gebäude mit Photovolta­ik. „Jemand muss es bezahlen.“„Ganz unten“, in den Niederunge­n der Kommunalpo­litik, braucht man eben nicht nur Ideen und engagierte Ehrenamtle­r, sondern auch Geld. Und ein funktionie­rendes Netzwerk.

 ?? FOTO: BECKERBRED­EL ?? Bezirksbür­germeister Stefan Brand (CDU) steht auf dem Karstadt-Parkdeck in Saarbrücke­n. Von dort hat man einen tollen Blick auf die Stadtteile seines Bezirkes: Alt-Saarbrücke­n, St. Johann, Eschberg, Malstatt und St. Arnual.
FOTO: BECKERBRED­EL Bezirksbür­germeister Stefan Brand (CDU) steht auf dem Karstadt-Parkdeck in Saarbrücke­n. Von dort hat man einen tollen Blick auf die Stadtteile seines Bezirkes: Alt-Saarbrücke­n, St. Johann, Eschberg, Malstatt und St. Arnual.

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