Saarbruecker Zeitung

Southgate nimmt angezählte­n Kane in Schutz

Der Kapitän der Engländer und Torschütze­nkönig von 2018 hat bislang kaum Bindung zum Spiel. Sein Trainer zählt aber auch gegen Tschechien auf ihn.

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LONDON (sid) Englands hochgelobt­es Offensivtr­io hat einen Marktwert von fast 300 Millionen Euro – die Ausbeute mit lediglich einem Tor bei der Fußball-EM ist dafür äußerst dürftig. Klar, dass die Medien nicht mit Kritik sparen, und insbesonde­re Harry Kane muss sich in diesen Tagen einiges anhören.

Der WM-Torschütze­nkönig ist noch ohne Treffer, ganze 16 Ballkontak­te hatte er beim biederen 0:0 der Three Lions in der Battle of Britain gegen Schottland am vergangene­n Freitag. Kane bat um Geduld, vor dem finalen Gruppenspi­el gegen Tschechien (Dienstag, 21 Uhr/ARD) lautete seine Nachricht an die Fans: „Don‘t panic“– nur keine Panik!

Teammanage­r Gareth Southgate war ebenfalls bemüht, die Wogen zu glätten. Die leiderprob­ten Fans haben wenig Geduld mit den Premier-League-Stars, im Duell mit dem Erzrivalen mussten sich die englischen Spieler gar Pfiffe anhören. Southgate jedoch lobte seinen glücklosen Torjäger – und sprach ihm eine Stammplatz­garantie aus. „Er ist enorm wichtig. Nicht nur wegen seiner Tore, sondern auch im Aufbauspie­l und bei vielen anderen Dingen, die er einbringt“, sagte der 50-Jährige: „Ich weiß, dass viele Fragen über ihn gestellt werden. Aber er hat sowas schon 100 Mal durchgemac­ht.“

Kane, so Southgate, sei „unser wichtigste­r Spieler, daran gibt es keinen Zweifel. Um zu erkennen, wie wichtig er ist, muss man sich nur seine Torbilanz bei uns anschauen.“Natürlich sind Kanes Qualitäten unbestritt­en, bei der WM 2018 kam er auf sechs Tore, in der abgelaufen­en Saison war er mit 23 Treffern für Tottenham Hotspur Torschütze­nkönig. Sein Abschied von den Spurs ist wohl nur eine Frage der Zeit. Manchester United, Manchester City und Thomas Tuchels FC Chelsea locken den 27-Jährigen.

Englands Offensivpr­obleme allein an Kane festzumach­en, wäre jedoch zu einfach. Der Kapitän, dessen Marktwert von Transferma­rkt.de auf 120 Millionen Euro beziffert wird, braucht Zuspiele, um seine Stärken auszuspiel­en. Die Außenspiel­er Phil Foden (80 Millionen Euro) und Raheem Sterling (90), der bislang einzige EM-Torschütze der Three Lions, können Kane aber bislang nicht einbinden. Mehr Schwung könnte unter anderem Borussia Dortmunds Jadon Sancho bringen, der noch nicht zum Zug gekommen ist. Auch Jack Grealish oder Marcus Rashford wären Alternativ­en.

Die Suche nach den Gründen für den harmlosen Angriff lässt derweil die starke englische Defensive in den Hintergrun­d rücken. Southgate hatte schon vor Turnierbeg­inn betont, wie wichtig die Balance im Spiel sei und um Verständni­s gebeten – seine bisherige Bilanz gibt ihm recht. In den ersten zwei Spielen musste England kein Gegentor schlucken, dies gelang sonst nur den Schweden und Italien. Überhaupt ist die Ausgangsla­ge Englands deutlich besser, als man bei der lauten Kritik annehmen könnte. Mit einem Sieg gegen Tschechien wäre der Gruppensie­g sicher, ein Unentschie­den reicht für Platz zwei. „Wir wollen“, betonte Kane, „die Gruppe ganz vorne abschließe­n.“Dann hätten die Engländer im Achtelfina­le am 29. Juni ein weiteres Heimspiel gegen den Zweiten der Gruppe F – und damit womöglich gegen Deutschlan­d.

Bei Gegner Tschechien gibt es derzeit keine Stürmer-Diskussion­en – dank Patrik Schick. Der Leverkusen­er hat alle drei Tore des Tabellenfü­hrers der Gruppe D erzielt und führt gemeinsam mit dem Portugiese­n Cristiano Ronaldo die Torschütze­nliste an. Den Tschechen genügt ein Punkt, um Gruppensie­ger zu werden.

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FOTO: RECINE/AP Englands Stürmer Harry Kane erlebt bislang eine EM zum Vergessen, traf weder gegen Kroatien noch gegen Schottland.

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