Sektenführer weist Missbrauchsvorwürfe zurück
KLEVE (dpa) Beim Missbrauchsprozess gegen einen selbsternannten „Propheten“einer niederländischen Religionsgemeinschaft hat der Sektenführer vor dem Landgericht Kleve über seine Anwältin die Vorwürfe strikt zurückgewiesen. Die Anklage beruhe auf einer einzigen Zeugin, die gleichlautende Vorwürfe vor Jahren bereits als frei erfunden bezeichnet habe, sagte die Anwältin Pantea Farahzadi am Freitagvormittag. Auf diese
Zeugin könne kein Vorwurf gegen ihren Mandanten gestützt werden. Auf Antrag der Verteidigung wurde noch vor der Verlesung der Anklage die Öffentlichkeit ausgeschlossen.
Der Angeklagte hatte sich zuvor nur zu seinen Personalien geäußert. Beim Betreten des Gerichtssaals verbarg er sein Gesicht hinter einer mit einem Sehschlitz vorbereiteten Aktenmappe. Als die Fotografen den Saal verlassen hatten, winkte er Menschen im Zuschauerraum zu und zeigte einen nach oben gestreckten Daumen. Mehrere Zuschauer winkten zurück.
Dem Mann wird von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, ein anfangs minderjähriges Mädchen aus der Glaubensgemeinschaft jahrelang sexuell missbraucht zu haben – insgesamt 132 Mal, wie es in der Anklageschrift heißt. Dem Niederländer wird in dem Prozess am Landgericht Kleve am Niederrhein außerdem Freiheitsberaubung der jungen Frau vorgeworfen, weil er sie zeitweise eingesperrt haben soll.
Der Fall war im Oktober vergangenen Jahres bekanntgeworden, weil es Hinweise von außen gab, dass die damals 25-Jährige gegen ihren Willen festgehalten worden sei. Die Polizei hatte eine Razzia in einem ehemaligen Kloster gestartet und war auf 54 Menschen gestoßen, die offensichtlich der Glaubensgemeinschaft angehörten – darunter zehn Kinder. Der Angeklagte wurde festgenommen und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.
Im Prozess, für den nach der Eröffnung zunächst zehn weitere Verhandlungstage geplant sind, soll an einem späteren Verhandlungstag auch die mutmaßlich Geschädigte als Zeugin aussagen – wahrscheinlich am 30. Juni.