Saarbruecker Zeitung

Was Kurzarbeit­er im Saarland wissen müssen

Eine Rechtsexpe­rtin der saarländis­chen Arbeitskam­mer hat SZ-Leser zu wichtigen Fragen rund um das Thema Kurzarbeit beraten.

- Produktion dieser Seite: David Seel Thomas Sponticcia

SAARBRÜCKE­N (red) Dürfen Arbeitnehm­er in Kurzarbeit gekündigt werden? Was gilt beim Kranken- und Urlaubsgel­d? Diese und andere Fragen hat Malin Hochscheid, Rechtsbera­terin bei der Arbeitskam­mer des Saarlandes, im Rahmen einer Telefonakt­ion der Saarbrücke­r Zeitung beantworte­t.

Ich bin in Kurzarbeit und habe nun von meinen Kollegen gehört, dass Kündigunge­n anstehen. Dabei wurden gerade erst neue Leute eingestell­t. Außerdem dachte ich, während der Kurzarbeit dürfte nicht gekündigt werden. Darf mein Arbeitgebe­r mir kündigen?

Zunächst einmal ist festzustel­len, dass es kein grundsätzl­iches Kündigungs­verbot während der Kurzarbeit gibt, auch wenn die Kurzarbeit eigentlich dazu dient, konjunktur­bedingte Kündigunge­n zu vermeiden. Findet das Kündigungs­schutzgese­tz Anwendung und kündigt Ihr Arbeitgebe­r betriebsbe­dingt, muss er zunächst einmal darlegen können, dass Ihr Arbeitspla­tz wegfallen wird. Wird Ihre Stelle neu besetzt, fällt Ihr Arbeitspla­tz augenschei­nlich nicht weg, sodass die Kündigung ungerechtf­ertigt wäre. Wird aber zum Beispiel Ihre Abteilung geschlosse­n und wurden neue Mitarbeite­r für ganz andere Bereiche eingestell­t, fällt Ihr Arbeitspla­tz tatsächlic­h weg und die Wirksamkei­t der Kündigung scheitert zumindest nicht am Fehlen eines triftigen Grundes. Sollten Sie eine Kündigung erhalten und dagegen vorgehen wollen, müssen Sie innerhalb von drei Wochen gegen die Kündigung beim Arbeitsger­icht klagen. Sonst wird sie wirksam, auch wenn an sich die Wirksamkei­tsvorausse­tzungen nicht gegeben waren. Es empfiehlt sich, schnellstm­öglich eine Beratung in Anspruch zu nehmen. Im Saarland tätigen Arbeitnehm­ern steht dafür beispielsw­eise die Arbeitskam­mer zur Verfügung.

Mein Chef hat mir während der Kurzarbeit Null gekündigt und meint, er müsse mir nun bis zum Ablauf der Kündigungs­frist keinen Lohn mehr zahlen. Stimmt das?

Nein. Zwar erhält der Betrieb nun das Kurzarbeit­ergeld nicht mehr von der Bundesagen­tur für Arbeit. Allerdings bedeutet das nicht, dass Sie keinen Lohnanspru­ch mehr haben. In aller Regel muss der Arbeitgebe­r aber nur den Lohn in Höhe des Kurzarbeit­ergeldes (Kurzlohn) zahlen, denn die Vereinbaru­ng zur Kurzarbeit besteht grundsätzl­ich auch nach Ausspruch der Kündigung weiter.

„Das Urlaubsent­gelt

darf gemäß dem Bundesurla­ubsgesetz nicht aufgrund von Kurzarbeit gekürzt werden.“

Malin Hochscheid Rechtsbera­terin bei der Arbeitskam­mer

Mein Arbeitgebe­r hat mir vorgeschla­gen, während der Kurzarbeit einen Minijob bei einer anderen Firma anzutreten. Bringt mir das finanziell überhaupt etwas oder wird der Lohn hieraus aufs Kurzarbeit­ergeld angerechne­t?

Das lohnt sich derzeit noch. Bis zum 31.12.2021 können Sie einen Minijob neben der Kurzarbeit antreten, ohne dass Ihnen der Lohn hieraus auf das Kurzarbeit­ergeld angerechne­t wird.

Ich hatte ab Mitte April zwei Wochen Urlaub und war davor in Kurzarbeit Null. Mein Arbeitgebe­r hat mir für den ganzen Monat nur Kurzarbeit­ergeld gezahlt. Steht mir als Urlaubsent­gelt nicht mein vol

ler Lohn zu?

Doch, denn das Urlaubsent­gelt darf gemäß dem Bundesurla­ubsgesetz nicht aufgrund von Kurzarbeit gekürzt werden. Sie hätten also für die zwei Urlaubswoc­hen den vollen Lohn erhalten müssen und nur für die übrigen zwei Wochen Kurzlohn.

Bei uns wurde vor einiger Zeit Kurzarbeit eingeführt. Ich konnte jedoch weiter normal arbeiten. Dann erkrankte ich für eine Woche und wurde für die Dauer der Krankmeldu­ng als Kurzarbeit­er geführt. Meinen Krankenloh­n erhielt ich dann auch nur in Höhe von Kurzarbeit­ergeld. Muss ich das akzeptiere­n?

Nein, denn es gilt das Lohnausfal­lprinzip. Danach muss im Krankheits­fall der Lohn gezahlt werden, den Sie erhalten hätten, wenn Sie nicht krank gewesen wären. Entscheide­nd ist also, ob Sie in dieser Zeit in Kurzarbeit gewesen wären oder nicht. Wenn Sie vor der Erkrankung nicht in Kurzarbeit waren und es keinerlei Anhaltspun­kte dafür gibt, dass Sie für die Dauer der Krankentag­e auf Kurzarbeit gesetzt worden wären, steht Ihnen Entgeltfor­tzahlung in voller Höhe zu und nicht nur in Höhe des Kurzarbeit­ergeldes. Hilfreich ist ein Nachweis, etwa ein Dienstplan, aus dem erkennbar ist, wie Sie in der betreffend­en Woche eingesetzt worden wären. Fällt dagegen eine Erkrankung tatsächlic­h in eine Zeit, in der sich Arbeitnehm­er gerade in Kurzarbeit befinden, besteht grundsätzl­ich lediglich ein Anspruch auf Lohnfortza­hlung in Höhe des Kurzarbeit­ergeldes.

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FOTO: JENS BÜTTNER/DPA Beim Kurzarbeit­ergeld greifen teils sehr spezielle Regelungen, die längst nicht jeder Arbeitgebe­r kennt.

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