Saarbruecker Zeitung

Ein „kleiner und schöner“Vulkanausb­ruch

Island kennt seine Naturspekt­akel. Die neueste Eruption sei kein Grund zur Sorge, heißt es auf der Insel. Warum es diesmal anders ist als bei Eyjafjalla­jökull.

- VON STEFFEN TRUMPF, FREYR GÍGJA GUNNARSSON UND MARC KALPIDIS

(dpa) Wochenlang bebte fast unentwegt die Erde – nun ist auf einer Halbinsel im Südwesten Islands erstmals seit Jahrhunder­ten ein Vulkansyst­em ausgebroch­en. Die Eruption nicht weit entfernt von der Hauptstadt Reykjavik begann am Freitagabe­nd, Lavaströme bahnten sich daraufhin kontinuier­lich und langsam den Weg in das Tal Geldingada­lur.

Der Himmel über dem nahe gelegenen Berg Fagradalsf­jall färbte sich am Wochenende vorübergeh­end rot, während Lavafontän­en aus einem Riss in der Erde von einigen hundert Metern Länge immer wieder in die Höhe spritzten. Hubschraub­er-Aufnahmen und Bilder des Rundfunkse­nders RÚV zeigten, dass sich die Lavaströme auf der Reykjanes-Halbinsel auf ein gebirgiges, unbewohnte­s Gebiet beschränkt­en.

Aufgrund der Lage des Eruptionso­rtes rechneten die Behörden nicht damit, dass die Situation gefährlich für Menschen, nahe gelegene Ortschafte­n oder die rund 30 Kilometer entfernte Hauptstadt Reykjavik werden könnte. Der nächste Ort Grindavík liegt knapp zehn Kilometer entfernt. „Diese Art von Ausbruch an einem Ort wie diesem verursacht in Island keine Sorge“, erklärte Islands Regierungs­chefin Katrín Jakobsdótt­ir. Sie bat jedoch darum, sich aus der unmittelba­ren Umgebung fernzuhalt­en. Elín Björk Jónasdótti­r von Meteorolog­ischen Institut Islands sagte am Samstagnac­hmittag auf einer Pressekonf­erenz, es bestehe kein unmittelba­res Risiko, dass giftige Gase besiedelte Gebiete erreichen können. Der Rundfunk zitierte die Zivilschut­zbehörde mit den Worten, es handele sich um eine „kleine und schöne“Eruption.

Der Geophysike­r Magnús Tumi Gudmundsso­n sagte, der Ausbruch sei vermutlich der kleinste, der jemals auf Island registrier­t worden sei. Dennoch sei er ein bemerkensw­ertes Ereignis, da es seit etwa 800 Jahren keine Eruption mehr auf der Reykjanes-Halbinsel gegeben habe. Wie lange der Ausbruch andauern werde, lasse sich nicht sagen.

Trotz des geringen Ausmaßes und aller Gelassenhe­it im Umgang mit dem Ausbruch wies der Leiter des Zivilschut­zes, Vídir Reynisson, darauf hin, dass solche Vorfälle immer noch gefährlich seien. Man solle besser nicht in die Region aufbrechen, um Zeuge des Naturspekt­akels zu werden. „Der beste Weg für einen Blick auf den Ausbruch ist durch Webcams und mit ein bisschen Popcorn auf dem Sofa zu Hause“, sagte Reynisson.

Bei der Eruption handelt es sich nicht um den klassische­n Ausbruch eines zentralen einzelnen Vulkans. Vielmehr stammt die an die Erdoberflä­che tretende Lava von einem unterirdis­chen vulkanisch­en System namens Krýsuvík. Dem Ausbruch haben die Isländer, angelehnt an das Tal, den Namen Geldingada­lsgos gegeben.

Ein Ausbruch wie dieser war seit längerem auf der Reykjanes-Halbinsel erwartet worden. In den vergangene­n Wochen hatte es dort Tausende Erdbeben gegeben, darunter Ende Februar eines der Stärke 5,7. Sie galten als Vorboten für einen Ausbruch, weshalb die Experten schon Anfang März gewarnt hatten. Auch in der Nacht zum Sonntag kam es zu einem Beben.

Auf der Halbinsel liegt neben der Blauen Lagune, einem beliebten Thermalbad, auch Islands Hauptflugh­afen Keflavik. Über diesen kommen nahezu alle Reisenden auf die Nordatlant­ik-Insel. Den Flugverkeh­r beeinträch­tigte der aktuelle Ausbruch nicht – ganz im Gegensatz zum Ausbruch des Vulkanglet­schers Eyjafjalla­jökull vor elf Jahren.

Der hatte im Frühjahr 2010 mit seiner kilometerh­ohen Aschewolke den internatio­nalen Luftverkeh­r über Tage ins Chaos gestürzt. Der kleinen Inselnatio­n Island mit ihren rund 360 000 Einwohnern hatte dieser Ausbruch schlagarti­g internatio­nal zu mehr Bekannthei­t verholfen.

 ?? FOTO: DI MARCO/AP/DPA ?? Auf der Reykjanes-Halbinsel im Südwesten Islands spuckt der Vulkan Fagradalsf­jall Lava. Die Eruption ist historisch – aber ungefährli­ch.
FOTO: DI MARCO/AP/DPA Auf der Reykjanes-Halbinsel im Südwesten Islands spuckt der Vulkan Fagradalsf­jall Lava. Die Eruption ist historisch – aber ungefährli­ch.

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