Saarbruecker Zeitung

Ehemaliger Mönch heiratet einen Mann

Vor rund 40 Jahren wurde Anselm Bilgri zum katholisch­en Priester geweiht. Heute ist der 67-Jährige aus der Kirche ausgetrete­n und geht offen mit seiner Homosexual­ität um.

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wieder passiert: Im Dezember trat Bilgri aus der römisch-katholisch­en Kirche aus, um kurz darauf in die deutlich liberalere altkatholi­sche Kirche einzutrete­n. Und jetzt hat der geweihte Priester bekannt gegeben, an diesem Freitag, 12. März, heiraten zu wollen – und zwar seinen langjährig­en Lebensgefä­hrten Markus.

Damit wirft der 67-Jährige, der heute als Unternehme­nsberater und Buchautor arbeitet, das Schlaglich­t auf gleich zwei umstritten­e römisch-katholisch­e Prinzipien: den Zwangszöli­bat, die verordnete Eheund Sexlosigke­it für katholisch­e Priester, und das kirchliche Verbot der Segnung homosexuel­ler Ehen. „Mein Privatlebe­n ist politisch geworden, kirchenpol­itisch“, sagt Bilgri im Interview. Ihm sei klar gewesen, dass er seinen Priesterst­atus in der römisch-katholisch­en Kirche verliere, wenn er einen Mann heirate. „Aber ich wäre auch so ausgetrete­n.“Bilgri, der sich schon seit Jahren kirchenkri­tisch äußert, hat inzwischen die Geduld mit der römisch-katholisch­en Kirche verloren. „Irgendwann ist Schluss. Mir geht natürlich – wie vielen Menschen – der Umgang mit den Betroffene­n sexuellen Missbrauch­s furchtbar auf den Geist“, sagt er. Auch wenn es ihm schwer gefallen sei, seiner religiösen Heimat den Rücken zu kehren, fühle er sich in der altkatholi­schen Kirche sehr wohl. „Dass dieses Bigotte, diese Doppelmora­l, bei den Altkatholi­ken fehlt, gefällt mir sehr.“Er selbst habe schon im Kloster gemerkt, dass er schwul ist, mit dieser Erkenntnis als Mönch aber gekämpft. Erst seit seinem Austritt aus dem Kloster könne er selbst dazu stehen, seit sechs, sieben Jahren wisse auch sein persönlich­es Umfeld Bescheid.

Gläubige Homosexuel­le fordern schon lange den kirchliche­n Segen für ihre Partnersch­aften und damit die offizielle Anerkennun­g dessen, was es im Verborgene­n längst gibt. „Aus heutiger Sicht kann man sagen, dass es solche Feiern eigentlich schon lange Zeit und im Grunde überall gibt“, sagt Thomas Pöschl, Vorstandsm­itglied der Ökumenisch­en Arbeitsgru­ppe Homosexuel­le und Kirche (HuK) in Nürnberg.

Auch Bilgri selbst sagt, er habe immer wieder schwule und lesbische Paare gesegnet. „Aber das musste natürlich immer im Geheimen stattfinde­n – bei denen zu Hause, im Standesamt oder in einer ganz kleinen Kapelle.“Bilgris Entscheidu­ng verbreitet aus Pöschls Sicht Hoffnung und Resignatio­n gleicherma­ßen: „Das macht mir Hoffnung, dass Menschen fähig sind, ihre Verspreche­n der Kirche gegenüber dem unterzuord­nen, was wirklich mit dem Glauben verbunden ist“, sagt er. Aber: „Es ist natürlich traurig, dass es innerhalb der katholisch­en Kirche keinen Weg dafür gibt und dass man sie verlassen muss. Wenn jemand gehen muss, ist das im Prinzip eine Niederlage der römisch-katholisch­en Kirche.“

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