„Ich möchte die Partei sehen, in der immer alles in Ordnung ist“
Durch Indiskretionen wurde letzte Woche bekannt, dass der Verfassungsschutz die AfD als „Verdachtsfall“einstuft und überwachen will. Doch diese Indiskretionen hätte es nicht geben dürfen, urteilte das Verwaltungsgericht Köln auf Antrag der Partei und stoppte die Behörde. Über den rechtlichen Streit und die politischen Hintergründe sprach unser Berliner Korrespondent mit AfDChef Jörg Meuthen (59).
Glauben Sie, dass der Verfassungsschutz bewusst die Information an die Medien lanciert hat, dass die AfD jetzt als Verdachtsfall eingestuft worden sei?
MEUTHEN Jedenfalls ist das Gericht hiervon überzeugt. Die Information kam elf Tage vor zwei wichtigen Landtagwahlen. Das bestätigt unsere Hypothese von der politischen Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes.
Unterstellen Sie Verfassungsschutzchef Haldenwang ein absichtliches Foulspiel?
MEUTHEN Es wäre nicht das erste Mal, dass er sich nicht an die Regeln gehalten hätte. Ich erinnere nur an den illegal ausgerufenen Prüffall. Nun konnte oder wollte seine Behörde eine Verschlusssache nicht unter Verschluss halten. Dafür muss er geradestehen.
Warum fürchtet die AfD die Überwachung, wenn sie angeblich nichts zu verbergen hat?
MEUTHEN Es geht dem Verfassungsschutz doch darum, uns zu stigmatisieren. Das schreckt so kurz vor den Wahlen besonders unsere konservativen Wähler ab. Dem werden wir juristisch Einhalt gebieten.
Sie selbst haben bei ihrer Parteitagsrede in Kalkar die Radikalen in Ihrer Partei angegriffen. Das wäre nicht nötig gewesen, wenn alles in Ordnung wäre.
MEUTHEN Ich möchte die Partei sehen, in der immer alles in Ordnung ist. Verbale Missgriffe einzelner kenne ich auch aus anderen Parteien. Wenn etwa Frau Esken von der SPD sich mit der Antifa solidarisiert. In der Tat gibt es bei uns Äußerungen einzelner, die ich für falsch halte und die uns in schwierige Situationen bringen. Für so etwas darf aber nicht die ganze Partei in Kollektivhaftung genommen werden.
Der rechte „Flügel“von Björn Höcke ist offiziell aufgelöst. Wie stark ist er in Wirklichkeit noch?
MEUTHEN Den „Flügel“als solches, diese Partei in der Partei mit eigenen Strukturen, eigener Homepage und eigenen Finanzen, gibt es nicht mehr. Aber die Menschen sind natürlich noch da und arbeiten in der Partei. Das ist völlig legitim, wenn sie es mit Positionen tun, die mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung konform sind.
Sie wollen, dass die AfD eine bürgerliche und seriöse Partei ist. Warum nehmen Sie nicht einfach diejenigen in der AfD, die das genauso sehen und gründen eine solche Partei?
MEUTHEN Warum sollte ich das tun? Die AfD ist und bleibt eine konservative, bürgerliche und freiheitliche Partei. Wer eine andere AfD, eine systemablehnende Bewegungspartei möchte, dem steht es frei, eine solche zu gründen.