Keine Kontrollen nach Frankreich
Nach Frankreich nur mit Corona-Test – die neue Regel wirft ihre Schatten voraus. Es gibt Appelle und Fragen.
(SZ) Während ab Montag für die Einreise nach Frankreich ein negativer Corona-PCR-Test notwendig ist, will Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) keine verschärften Kontrollen an der Grenze zum Nachbarland. In Ostfrankreich gebe es eine Entwicklung mit mutierten Viren, die nicht schön sei, sagte Seehofer. Die Lage sei aber eine ganz andere als an den Grenzen zu Tschechien und Österreich.
SAARBRÜCKEN/FORBACH Das heruntergesetzte Kabeljau-Rückenfilet lockt gerade viele Menschen an die Fischtheke im Forbacher Supermarkt. Unter ihnen ist auch ein betagtes Ehepaar aus Völklingen. „Wir kommen oft hier einkaufen, unter anderem auch wegen der großen Auswahl an Meeresfrüchten, das gibt es in dieser Form bei uns nicht“, sagt die Frau. Aber dafür extra einen Corona-Test machen lassen? Sie und ihr Mann winken ab. Ab Montag werden sie erstmal auf das Einkaufen in Frankreich verzichten. Denn dann muss jeder, der aus Deutschland ins Département Moselle einreist, einen negativen Corona-Test vorweisen können, der nicht älter als 72 Stunden ist. Die bisher geltenden Ausnahmen für Bewohner im Grenzgebiet, die von dieser Testpflicht ausgenommen waren, wenn sie sich maximal 24 Stunden in Frankreich aufhalten und das in einem Umkreis von 30 Kilometern um ihren Wohnort, entfällt. Ob es triftige Gründe geben wird, die ebenfalls einen Grenzübertritt ohne Test ermöglichen, wie etwa familiäre Besuche oder Arzttermine, steht noch nicht fest.
Solche „Ausnahmen von der Testpflicht für grenzüberschreitende Mobilität“, fordern in einer gemeinsamen Erklärung der saarländische Europa-Staatssekretär Roland Theis (CDU), der Saarbrücker Oberbürgermeister Uwe Conradt (CDU), der Präsident des Eurodistrict SaarMoselle Gilbert Schuh und der Forbacher Abgeordnete in der Nationalversammlung, Christophe Arend. Ziel sei, dass „das im Frühjahr 2020 entwickelte Dokument zur Selbstaussage in diesem neuen Kontext wiederverwendet werden kann.“Um größere Hindernisse im Grenzverkehr zu überwinden, plädieren sie außerdem für eine „bilaterale und generelle Anerkennung von Schnelltests“neben den PCR-Tests.
Durch die neue Testpflicht soll auch verhindert werden, dass Menschen
aus dem Département Moselle, wo der Inzidenzwert (Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen) derzeit bei 305 und somit viel höher als auf deutscher Seite liegt, ins Saarland kommen. Denn auch sie müssten einen negativen Test vorweisen, wenn sie vom Saarland wieder nach Hause wollen, wie zum Beispiel Essiah, die bei Petite-Rosselle wohnt, aber eine treue Kundin im Drogeriemarkt in Großrosseln ist. Darauf wird sie in Zukunft verzichten. „Es ist aber nicht so schlimm, Lebensmittel kaufe ich sowieso meistens hier in Forbach auf dem Weg zurück von der Arbeit.“Doch die Familie ihres Mannes wohnt in Freyming-Merlebach.
„Wenn wir sie besuchen, fahren wir über Deutschland, das geht schneller. Müssen wir jetzt alle, auch die Kinder, einen Test machen, wenn man über Deutschland fährt, oder zählt das nur, wenn man einkaufen geht?“, fragt sie. Bei der Antwort, dass es ohne Tests nicht gehen wird, gibt es ein Achselzucken. „Dann fahren wir halt eben über Forbach, es dauert länger, ist aber auch kein Weltuntergang.“
Mit diesen strengeren Maßnahmen hofft Paris, dass Berlin das Département Moselle nicht als „Virusmutationgebiet“einstufen wird und somit Verhältnisse wie an der tschechischen Grenze, wo systematische Grenzkontrollen stattfinden, vermeiden zu können. Auch das Saarland hat ein Pendant zu den französischen Maßnahmen angekündigt. Es werde auch zu einer Test- und Nachweispflicht für nicht beruflich bedingte Einreisen nach Deutschland kommen, hieß es aus der Staatskanzlei. Die Schließung einzelner Übergange und systematische Grenzkontrollen scheinen aber bisher nicht an der Tagesordnung.
Zwar habe man in der französischen Region eine Entwicklung mit mutierten Viren, die nicht schön sei, sagte auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Freitag. Man sei deshalb auch im Gespräch, welche Maßnahmen auf Seite der Franzosen zu treffen seien, und welche in Rheinland-Pfalz und im Saarland. „Das läuft auf Hochtouren.“Die Franzosen wollten am Montag entscheiden, sagte Seehofer. „In diesen ganzen Überlegungen stehen bis zur Stunde Grenzkontrollen nicht zur Diskussion.“Ähnlich hatte sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) beim EU-Gipfel geäußert.
Mit oder ohne Kontrollen werden die meisten saarländischen Kunden dem Forbacher Supermarkt erstmal fern bleiben. Sorgen macht sie Kassiererin Joëlle trotzdem nicht: „Jetzt wird es erst mal ein Chaos sein mit der Grenze. Aber irgendwann renkt sich das wieder ein. Und dann kommen die Deutschen auch wieder. War im letzten Jahr auch so.“