Die Schwerkraft änderte sich nicht
Bei der Frage, was denn im letzten Jahr gut war, musste unser Kolumnist doch etwas länger nachdenken, bis ihm endlich etwas einfiel, um seinen Frieden mit 2020 zu machen. Einfach war es nicht.
Vor wenigen Tagen fragte eine Volontärin von uns nach Kollegen, die sich erbötig zeigen, Kolumnen zu schreiben. Mach’ ich normal gerne mit, aber das Thema für zwei mittlerweile erschienene Sonderseiten lautete „Was 2020 trotz allem gut war“. Puuh. Schwere Frage. Ganz ganz schwierig. Klar, ich hätte was zusammensülzen können von rührseligen Erkenntnissen, dass man jetzt auch die kleinen Dinge im Leben schätzt. Ich zermarterte mir das Hirn. Und marterte. Und gab schlussendlich auf. Mir fiel trotz tagelangem Nachdenken nichts ein, was in den vergangenen zwölf Monaten richtig schön war. Das wollte ich dem Jahr dann doch nicht gönnen, das hat es nicht verdient. Alles stand irgendwie ab März im Schatten des großen C, spaßbringende Sachen wie zum Fußball zu fahren, essen zu gehen oder Urlaub waren schwierig, anders – und dann auch lange unmöglich.
Aber just an Heiligabend, und jetzt wird es doch gefühlsduselig, fiel mir dann aber etwas ein. Mein bester Freund rief nachmittags an und frug, ob ich einen Kunstgenuss hören wolle. So stellten wir das Handy auf Lautsprecher und lauschten mehrere Minuten, wie der Kollege Weihnachtslieder auf der Heimorgel spielte. Eigentlich doch eine reizende Idee. Später fielen mir schöne wertschätzende Gesten von Freunden oder Arbeitskollegen ein. Letztere beschenkten mich mit einem FCS-Adventskranz, dazu schickte die Firma noch einen Riesenstollen und zum zehnjährigen Jubiläum
als Redakteur ein Schoko-Geschenk samt Gutschein. Und auch wenn ich Spaziergänge nicht so liebe, war es im Jahr des Promenierens immerhin so möglich, Freunde zu treffen.
Also: Vielleicht sollte man doch besser seinen Frieden machen mit 2020. Hass soll ja hässlich machen. Für die Kolumnenseite zu spät, aber dennoch verspätet hier meine ultimative und absolut vollständige Liste damit, was 2020 gut war: 1. Die Reihenfolge der Monate blieb stringent erhalten. 2. Auch die Schwerkraft änderte sich nicht, das zeigte auch der Blick auf meinen Corona-gestählten Antikörper. Und schließlich Punkt 3: Dass es jetzt vorbei ist – wohl das Beste an 2020. In diesem Sinne wünsche ich ein frohes und gesundes neues Jahr 2021.