Saarbruecker Zeitung

Das Schlachtho­f-Gesetz soll kommen

Nach Corona-Ausbrüchen drängte die Politik auf bessere Arbeitsbed­ingungen in der Branche. Dann stockte das Projekt – bis jetzt.

- VON BASIL WEGENER

(dpa) Seit Jahren sorgen die Arbeitsbed­ingungen vor allem osteuropäi­scher Arbeitskrä­fte in deutschen Schlachthö­fen für Empörung. Im Frühjahr wurden Betriebe wie Tönnies dann auch noch zum Corona-Hotspot. Ein eilig auf den Weg gebrachtes Gesetz gegen die Missstände legte die Koalition erst auf Eis, nun soll es tatsächlic­h kommen.

Was ist im Kern geplant?

Ein Verbot von Werkverträ­gen ab 1. Januar. Es sollen anders als heute keine Subunterne­hmen mehr in Schlachter­eien tätig sein, die ihrerseits oft wieder Subunterne­hmen haben und an deren Ende schlecht bezahlte Arbeitskrä­fte etwa aus Rumänien ohne ausreichen­den Sozialschu­tz unter miserablen Bedingunge­n in den Schlachthö­fen schuften. Damit die Unternehme­n nicht auf Leiharbeit ausweichen, wird diese in der Branche ab 1. April verboten.

Soll es Ausnahmen geben? Zumindest nicht bei den Werkverträ­gen. Aber auf drei Jahre befristet bei den Leiharbeit­nehmern. Wenn es Auftragssp­itzen gibt, sollen Leiharbeit­er einspringe­n dürfen. Bei acht Prozent des Arbeitszei­tvolumens der Stammbeleg­schaft soll für Leiharbeit­er aber Schluss sein. Die Möglichkei­t muss per Tarifvertr­ag erlaubt werden.

Gibt es überhaupt Tarifvertr­äge in der Branche?

Ja. Etwa bei großen Unternehme­n wie Westfleisc­h oder Tönnies. Diese Tarifbedin­gungen standen laut Gewerkscha­ft Nahrung-Genuss-Gaststätte­n bisher aber stark unter Druck, weil ein Großteil der Arbeit ohnehin durch billigere Werkvertra­gler erledigt wurde.

Welche Ausnahmen sind noch geplant?

Regeln zugunsten kleinerer Wurstund Fleischwar­en-Hersteller bis zu

49 Mitarbeite­rn. Verkaufspe­rsonal darf dazukommen – sodass ein solches Unternehme­n zum Beispiel mehr Metzgerfil­ialen gründen kann.

Welche Regeln soll es noch geben? Mehr Kontrollen – durch Betriebsbe­sichtigung­en der Landesbehö­rden. Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD), der das Gesetz vorangetri­eben hatte, weist auf Fälle hin, in denen Beschäftig­te gedrängt worden seien, falsche Lohnzettel zu unterschre­iben. So hätten Firmen den Lohn drücken können. Nun sollen saftige Bußgelder bei einer Verletzung von Arbeitssch­utz oder -zeit gelten. Bis zu 30 000 Euro etwa bei Verstößen gegen die Höchstarbe­itszeiten. Die Arbeitszei­t soll dafür elektronis­ch aufgezeich­net werden. Personal darf zudem nicht mehr in engen Schmuddelb­ehausungen untergebra­cht werden. „Wir machen Schluss mit Arbeitszei­tbetrug und Gammelunte­rkünften“, hieß es.

Wie soll es nun weitergehe­n?

Mit einem Beschluss in Bundestag und Bundesrat vor Weihnachte­n. Das Gesetz soll ab 1. Januar gelten.

Hat erst Corona die Branche in Verruf gebracht?

Nein, bereits früher gab es Versuche, den Missstände­n gesetzlich zu begegnen sowie die Unternehme­n zu Verbesseru­ngen anzuhalten. Besonders erfolgreic­h war das nicht. „Mit freiwillig­en Vereinbaru­ngen wären wir zu keinen Veränderun­gen gekommen“, sagte SPD-Fraktionsv­ize Katja Mast.

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FOTO: DPA Die Zustände in den Schlachter­eien waren schon vor Corona umstritten.

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