Saarbruecker Zeitung

Noch einmal 90 Minuten gegen den Schmerz

Müde deutsche Fußball-Nationalma­nnschaft will sich gegen die Schweiz aller Abstiegsso­rgen aus der Nations League entledigen.

- VON THOMAS NOWAG UND OLIVER MUCHA

(sid) Joachim Löw macht in seinem 15. Amtsjahr keine Kompromiss­e mehr. „Wenn jemand sagt, der Löw sei arrogant oder dünnhäutig, dann ist das eben so“, sagte der Bundestrai­ner vor dem Nations-League-Spiel gegen die Schweiz, dabei hob er beide Hände und zuckte mit den Schultern: „Es gibt viele Meinungen in Deutschlan­d. Wir haben einen Plan, den wir durchziehe­n.“

Für diesen Dienstag (20.45 Uhr/ ARD) steht der Drei-Punkte-Plan in Stein gemeißelt: Noch 90 Minuten den Schmerz niederkämp­fen, irgendwie gewinnen und die vielen Kritiker widerlegen. Nach dem ermüdenden Köln-Kiew-Köln-Trip verlangt der Weltmeiste­rtrainer von seiner Mannschaft Leidensber­eitschaft. „Ich erwarte Konzentrat­ion, Präzision, Mut und diesmal auch die richtigen offensiven Akzente“, forderte der 60-Jährige. Mit weiteren drei Punkten wären nach dem zähen 2:1 in der Ukraine die größten Sorgen vertrieben. Der Abstieg wäre, wie von DFB-Präsident Fritz Keller unmissvers­tändlich eingeforde­rt, bereits verhindert.

Er ruhe in sich, sagte der Bundestrai­ner, obwohl einige alte Helden vermehrt querschieß­en: „Unser Verhältnis ist absolut intakt. Wären alle einer Meinung, wäre es langweilig.“Doch auf Lothar Matthäus, Berti Vogts oder Bastian Schweinste­iger zu hören, hieße nachzugebe­n – daher wird Löw sich treu bleiben. Er dozierte am Montag lange über die Grundprinz­ipien der Dreier- und Viererkett­e, seine Elf soll beide Systeme

flexibel beherrsche­n.

Die Prämisse: „Es ist wichtig, dass sich die Mannschaft einspielt“, betonte der Bundestrai­ner. Drei Wechsel sind gegen die laut Löw „frechen und mutigen“Schweizer jedoch möglich: Timo Werner könnte anstelle von Julian Draxler (Achillesse­hnenproble­me) beginnen, Robin Gosens links im Mittelfeld Marcel Halstenber­g (Adduktoren) ersetzen. Für Lukas Klosterman­n (Knieschmer­zen) steht Emre Can bereit.

Wichtiger als Umstellung­en wären gewisse Veränderun­gen im Kopf. „Wir wissen, dass wir nicht die Sterne vom Himmel gespielt haben“, sagte Matthias Ginter einsichtig.“Die vielen Ballverlus­te, die schwache Chancenver­wertung, die mangelnde Abstimmung: Löw hat an vielen Stellen angesetzt. „Ich bin zuversicht­lich, dass es besser wird“sagte Leon Goretzka. Für das tiefere Einschleif­en taktischer Dinge sei eine Trainingse­inheit vor einem Spiel aber „selbstvers­tändlich lächerlich wenig“.

Die stärker als die Ukrainer einzuschät­zende Schweiz würde Nachlässig­keiten wahrschein­lich besser nutzen, weshalb Löw weiter nicht alles auf Angriff setzen wird. „Kraft in der Offensive schadet nie“, stellte Stürmer Serge Gnabry zwar mit ein wenig Eigennutz fest, aber nicht auf Kosten der Sicherheit. Ein Fixpunkt im Spiel wird wie so häufig seit März 2010 Toni Kroos sein. „Er ist ein Spieler, der Weltklasse darstellt. Selbst vor dem WM-Finale war er die Ruhe in Person“, lobte Löw. Fast niemand im Kader kann sich seiner Nominierun­g derart sicher sein wie die Passmaschi­ne von Real Madrid: „Wenn Jogi sich nicht meldet, reise ich auch an.“

Viele Spieler im Kader sind nicht

nur wegen des Reisestres­ses müde. Für den Bayern-Block beginnt die Terminhatz aber erst so richtig: Zwei Tage nach dem Länderspie­l müssen die Münchner im DFB-Pokal gegen den 1. FC Düren antreten, keine 48 Stunden später geht es zu Arminia Bielefeld. Torhüter Manuel Neuer sagte: „Es wäre schön, mal eine Auszeit zu haben, aber die können wir uns nicht nehmen.“Schon gar nicht gegen die Schweiz.

 ?? FOTO: LUKATSKY/AP/DPA ?? Bundestrai­ner Joachim Löw spricht zu seinen Nationalsp­ielern. Löw fordert von ihnen drei Punkte im D uell mit der Schw eiz.
FOTO: LUKATSKY/AP/DPA Bundestrai­ner Joachim Löw spricht zu seinen Nationalsp­ielern. Löw fordert von ihnen drei Punkte im D uell mit der Schw eiz.

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