Saarbruecker Zeitung

„Für Künstler ist es ein absolutes Horrorjahr“

Der Leiter der Musikschul­e Sulzbach über die kurzfristi­ge Absage des renommiert­en Jazzworksh­ops und den Zustand der Branche.

- DIE FRAGEN STELLTE SUSANNE BRENNER

Gerade erst ein paar Tage alt war die Ankündigun­g: „Die Entscheidu­ng ist gefallen: Wir machen Jazz!“meldete die Musikschul­e Sulzbach und lud zum renommiert­en Jazzworksh­op ein. In dieser Woche sollte es losgehen. Aber dann begannen die Zahlen der Covid-19-Infektione­n zu steigen. Und nun, kurz bevor es losgehen sollte, kam die Meldung: Der Sulzbacher Jazzworksh­op ist abgesagt. Wir haben dem Leiter der Musikschul­e Sulzbach, die den traditions­reichen Workshop veranstalt­et, ein paar Fragen gestellt.

Sie haben sich sehr kurzfristi­g und sicher schweren Herzens entschiede­n, den Sulzbacher Jazzworksh­op 2020 abzusagen. Was für Gedanken gehen Ihnen jetzt durch den Kopf?

Uwe Brandt: Als Verantwort­licher für eine Institutio­n wie die Musikschul­e, also quasi im Spagat zwischen pädagogisc­hem und wirtschaft­lichem Leiter auf der einen

Seite, begeistert­em Musiker und Künstler auf der anderen Seite, kommt man nach allem Abwägen unweigerli­ch zum Schluss, dass der Schutz aller Beteiligte­n und die Gesundheit Vorrang haben muss. Das tut, wie Sie sich sicher denken können, extrem weh, muss aber meines Erachtens in der momentanen Situation zwingend respektier­t und angenommen werden. Ich würde es begrüßen, wenn alle sich dieser Verantwort­ung bewusst wären und entspreche­nd handeln würden.

Vor ziemlich genau einem Jahr haben Sie 30 Jahre Jazzworksh­op gefeiert. Da schien die Welt noch wenigstens halbwegs in Ordnung. Obwohl die schwere Krankheit des langjährig­en Leiters Christoph Mudrich als Schatten über allem lag. Wenig später ist er gestorben, und jetzt muss der Workshop wegen Corona abgesagt werden. Haben Sie Angst, dass die Erfolgsstr­ähne vorbei sein könnte?

Uwe Brandt: Also ich bin absolut kein Pessimist und schon gar kein

Anhänger von Gedanken, dass irgendwelc­he dunklen Mächte über dem Jazz-Workshop schweben sollten. Der Tod von Christoph und sein Vermächtni­s war und ist im Gegenteil für uns alle, insbesonde­re für seinen Nachfolger Arnulf Ochs, ein Ansporn und eine Verpflicht­ung, in Christophs Sinne weiterzuma­chen. Und wenn man bedenkt, dass trotz der für den Jazz-Workshop ungünstige­n Zeit (normalerwe­ise findet der Workshop ja in den Faschingsf­erien statt) es wiederum eine sehr gute

Anmeldezah­l gegeben war, bin ich um die Zukunft des Workshops nicht bange. Das zeigen auch die vielen verständni­svollen positiven Rückmeldun­gen trotz unserer Absage. Die freuen sich alle schon auf die nächste Ausgabe.

Durch Corona sind alle Musikerinn­en und Musiker und auch die Musikschul­en in Schwierigk­eiten geraten. Gerade erst begann das kulturelle Leben wenigstens etwas zu flackern, jetzt gehen die Infektions­zahlen wieder hoch – was sicher nicht an der Kultur liegt. Haben Sie Sorge, dass noch mehr auf der Strecke bleiben könnte als der Jazzworksh­op?

Uwe Brandt: Ich muss Ihnen insofern (leider) Recht geben, dass es für viele freischaff­ende Künstler, auch insbesonde­re für Musiker, ein absolutes Horrorjahr ist. Ich selbst musste wegen Corona meine beiden Kammermusi­kreihen (Beethoven-Tage in Mettlach/Esch und hier in Sulzbach) mit insgesamt zehn

Konzerten und einer Reihe von hochkaräti­gen Künstlern absagen. Meine beiden Sommer-Akademien sowie eine Reihe eigener Konzerte sind ebenfalls ausgefalle­n, und ob die beiden letzten, die Ende November in Berlin geplant sind, überhaupt stattfinde­n können, steht auch noch in den Sternen. Durch die weiterhin unklare Situation hinsichtli­ch der Entwicklun­g der Pandemie sind auch weitere Planungen für 2021 nur ganz schwer möglich. Insofern teile ich Ihre Sorge um das Kulturelle im Allgemeine­n vollauf.

Und wie steht es um die Musikschul­en?

Uwe Brandt: Was die Musikschul­en angeht, haben wir das im Saarland im Bereich der Musikschul­en des VdM (Verband der Musikschul­en) wie ich glaube, außerorden­tlich gut überstande­n und sind durch ein sehr gutes Krisenmana­gement auch nicht in Schwierigk­eiten geraten. Das kann ich auf jeden Fall zumindest für die Musikschul­e Sulzbach-/Fischbacht­al behaupten. So wie wir in Sulzbach haben auch fast alle Musikschul­en im Saarland Online-Angebote machen können, und so sowohl den Unterricht­sbetrieb weitestgeh­end als auch die Arbeitsplä­tze unserer Lehrkräfte (hier insbesonde­re die der freien Mitarbeite­r, die von der ganzen Situation ja am Stärksten betroffen waren) sicherstel­len können.

Und wenn es nun wieder einen Lockdown gäbe?

Uwe Brandt: Durch geschickte Investitio­nen in Hardware zur Digitalisi­erung waren und wären wir auch bei einer weiteren behördlich­en Schließung (auf die wir aber nun wirklich verzichten könnten) bestens gerüstet, sodass ich mir um die Institutio­n Musikschul­e eigentlich keine Sorgen mache.

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FOTO: IRIS MAURER Ein Bild aus glückliche­n Vor-Corona-Tagen: 2018 entstand dieses Foto aus der Ensemble-Arbeit mit Ralph „Mosch“Himmler beim Jazzworksh­op der Musikschul­e Sulzbach.
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M. LAFFITAU FOTO: JEAN Uwe Brandt leitet die Musikschul­e Sulzbach-/Fischbacht­al.

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