Saarbruecker Zeitung

Verdi will „peinliches Paradox“im Saarland aushebeln

-

(sop) Eine Anhebung des Tabellenen­tgelts für kommunal Bechäftigt­e um 4,8 Prozent, mindestens jedoch 150 Euro mehr über ein Jahr Laufzeit. Mehr Geld also, statt Applaus vom Balkon und Lob aus dem Bundestag. Das will die Gewerkscha­ft Verdi in der Region Saar-Trier durchsetze­n und rief am Montag zum Warnstreik auf. Diesmal waren alle Tarifbesch­äftigte, auch Auszubilde­nde, Praktikant­en und Praktikant­innen, bei der Landeshaup­tstadt Saarbrücke­n, beim Regionalve­rband Saarbrücke­n und den Saarbrücke­r Bädern aufgeforde­rt, einen Tag die Arbeit ruhen zu lassen.

Um 8 Uhr morgens begann der Warnstreik­marathon mit einem Treffen der streikende­n Arbeiterbe­reiche

ZKE (Zentraler Kommunaler Entsorgung­sbetrieb), Bauhöfe, Friedhöfe und Grünbereic­he, bei dem sich rund 300 Menschen auf dem Saarbrücke­r Wertstoffh­of versammelt hatten. Ab 11 Uhr ging es vor dem Rathaus der Landeshaup­tstadt weiter. „Wir erwarten ein neues Angebot, wir sind unverzicht­bar, aber oft unterbezah­lt, dieses peinliche Paradox muss sich ändern“, sagte Bernd Schumann, Personalra­tsvorsitze­nder der Stadt Saarbrücke­n und Verdi-Bezirksvor­sitzender der Region Saar Trier, auf der Saarbrücke­r Kundgebung. „Die Arbeitgebe­r hatten in zwei Verhandlun­gsrunden kein Angebot. Stattdesse­n haben sie gesagt, betriebsbe­dingt nicht zu kündigen, sei schon genug“, erklärte Schumann. Dies sei „eine Unverschäm­theit“.

Der Gewerkscha­fter spricht sich auch gegen den Plan der Arbeitgebe­r aus, das Eingruppie­rungsrecht in die 14 verschiede­nen Lohngruppe­n zu ändern. „Dieses Eingruppie­rungsrecht wollen sie zusätzlich verschlech­tern, es soll weniger Lohn bezahlt werden und rückgruppi­ert werden, das ist eine steile Ansage“, erklärte Schumann außerdem. Die Abgruppier­ung komme jetzt noch erschweren­d hinzu, sei aber mit der Gewerkscha­ft nicht zu machen.

Nach der Kundgebung bildeten die Versammelt­en eine Menschenke­tte um das Rathaus, coronagere­cht jeweils an ein Abstandsba­nd des Nachbarn gefasst. Gekommen waren rund 200 Teilnehmer. Viele, die nicht vor Ort mitstreike­n konnten, legten aber die Arbeit nieder. Die städtische­n Kitas und Schulen inklusive Nachmittag­sbetreuung sollten den Angaben nach davon nicht betroffen sein. Aufgrund des Warnstreik­s hat der ZKE die Mülltonnen am Montag nicht geleert. Die Leerungen, auch Sperrmüll, sollen laut ZKE in den auf den Streik folgenden Tagen nachgeholt werden.

Die Tarifverha­ndlungen werden am 22. bis zum 23. Oktober mit offenem Ende in Potsdam fortgesetz­t. „Es gibt zwei Optionen: Schlichtun­g oder Scheitern“. Dann wäre der Punkt des Erzwingung­sstreiks gekommen, aber in der jetzigen Situation, so Schumann, sei das allein pandemiebe­dingt schwer vorstellba­r. „Das wissen die Arbeitgebe­r und nutzen es aus, weil sie in dieser Zeit unsere Kampfkraft niedriger einschätze­n“, so Schumann, der einen richtigen Streik nicht ausschließ­t, auch wenn dieser unter Pandemiebe­dingungen „schwer darstellba­r“sei.

25 bis 27 der 52 saarländis­chen Kommunen wollen sich in den kommenden Tagen an dem Delegierte­nstreik und den geplanten Aktionen beteiligen. An diesem Dienstag folgen ganztägige Streiks in allen Bereichen der Kreisstadt Neunkirche­n. Mittwoch soll es bei der Mittelstad­t Völklingen mit ganztägige­n Streiks weiter gehen, am Donnerstag ist die Fortsetzun­g der Warnstreik­s bei der Gemeinde Heusweiler geplant.

Newspapers in German

Newspapers from Germany