Kurzarbeit im Kreis Saarlouis am höchsten
Bundesweit wurden in der Corona-Krise besonders in Regionen mit starker Autoindustrie oder viel Tourismus vorübergehende Arbeitszeitverkürzungen angezeigt. Im Saarland liegt der vom Fordwerk geprägte Landkreis an erster Stelle.
(dpa/ dns) Die Corona-Krise hat vor allem Regionen mit einem hohen Anteil der Autobranche, der Metallund Elektroindustrie sowie Urlaubsgebiete getroffen – zumindest, wenn man die Kurzarbeitsanzeigen der Betriebe zugrunde legt. Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung hat diese Zahlen der Bundesarbeitsagentur für März und April 2020 nach Regionen ausgewertet. Das Saarland liegt im bundesweiten Vergleich insgesamt im Mittelfeld.
Die bundesweit höchste Quote bei den Kurzarbeitsanzeigen gemessen an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten pro Kreis hat es demnach mit 56,0 Prozent am VW-Standort Emden gegeben. Am Stammsitz des Autokonzerns in Wolfsburg wurde mit 52,2 Prozent ebenfalls für mehr als jeden zweiten Beschäftigten Kurzarbeit angezeigt, heißt es in der Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Böckler-Stiftung.
Überdurchschnittlich viel Kurzarbeit sei auch in Fremdenverkehrsregionen angemeldet worden. So wiesen die Landkreise Breisgau-Hochschwarzwald (41,4 Prozent), Oberallgäu (40,4 Prozent) und Garmisch-Partenkirchen (35,1 Prozent) hohe Quoten auf. Auch an der Nord- und der Ostseeküste gebe es hohe Quoten bei der angemeldeten Kurzarbeit. Der bundesweite Durchschnitt habe im April gut 31 Prozent betragen.
Die niedrigsten Kurzarbeitsquoten ermittelten die WSI-Forscher für den BASF-Standort Ludwigshafen mit 11,6 Prozent und für den Bayer-Standort Leverkusen mit 16,2 Prozent. Die Chemie- und die
Pharmabranche sei weit weniger von Auftrags- und Produktionsrückgängen betroffen als der Maschinenund Kraftfahrzeugbau.
Im Saarland gab es im traditionell stark von der Autoindustrie geprägten Landkreis Saarlouis die meisten Anzeigen von Kurzarbeit. Hier wurden für 38,7 Prozent Kurzarbeit angemeldet. Es folgen der Saarpfalz-Kreis mit 37,2 Prozent, der Landkreis Merzig-Wadern (35,2 Prozent), der Regionalverband Saarbrücken (35,1 Prozent) und der Landkreis Neunkirchen mit 30,5 Prozent. Im Landkreis St. Wendel, wo weniger Menschen in Industrie-Branchen beschäftigt sind, verzeichnete die Arbeitsagentur mit 28,1 Prozent die wenigsten Anzeigen von Kurzarbeit im Saarland.
Die Zahlen sind jedoch mit Vorsicht zu genießen. So erfasst die Statistik nur die Anzeigen der Betriebe,
nicht aber, wie viele Beschäftigte tatsächlich in Kurzarbeit geschickt wurden. „Die in den Anzeigen genannte Personenzahl stellt daher nur die Obergrenze der möglichen Kurzarbeiter dar“, stellen die Studienautoren klar. Regionale Daten zur tatsächlich realisierten Kurzarbeit würden erst in einigen Monaten vorliegen. Hinzu komme, dass „einige Unternehmen die Kurzarbeit an ihrem Hauptsitz und nicht separat am Betriebssitz einer jeden Filiale anzeigen“.
Eine Erhebung des Münchner Ifo-Institutes hatte ergeben, dass die Gastronomie deutschlandweit die am stärksten von Kurzarbeit betroffene Branche ist. Der Schätzung des Institutes zufolge arbeiteten im Mai 796 000 Mitarbeiter in der Gastronomie kurz – und damit 72 Prozent der gesamten Beschäftigten. Im Fahrzeugbau wurden vom Ifo-Institut
513 000 Kurzarbeiter (46 Prozent) geschätzt.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) ermahnte Deutschland, die Kurzarbeit nicht zu überdehnen. Das Instrument habe schon „in der Finanzkrise sehr gut funktioniert“, sagte die IWF-Chefökonomin Gita Gopinath dem Spiegel. Jetzt habe die Bundesregierung Kurzarbeit noch attraktiver gemacht. Wenn die wirtschaftliche Erholung einsetze, müssten die Bedingungen aber geändert werden. Sonst drohten Firmen künstlich am Leben gehalten zu werden. „Man muss Arbeiter ermutigen, von schrumpfenden in wachsende Branchen zu wechseln“, sagte Gopinath.
Trotz des massenhaften Einsatzes der Kurzarbeit ist laut WSI aber auch die Arbeitslosigkeit zwischen März und Mai gestiegen – ebenfalls mit beachtlichen regionalen Unterschieden. Besonders starke coronabedingte Anstiege der Arbeitslosenquoten hatten die Tourismusregionen Vorpommern-Rügen (3,2 Prozentpunkte) und Wittmund in Ostfriesland (2,6 Prozentpunkte) zu verkraften. Im Bundesmittel habe sich die Quote von März bis Mai coronabedingt um 1,3 Prozentpunkte erhöht.
Im Saarland war der pandemiebedingte Anstieg im Landkreis Neunkirchen mit 1,6 Prozentpunkten besonders groß. Hier liegt die Arbeitslosenquote jetzt bei 8,3 Prozent. Um jeweils 1,1 Prozentpunkte stieg die Quote coronabedingt im Regionalverband Saarbrücken auf 10,6 Prozent, den Landkreisen Merzig-Wadern (5,1 Prozent), Saarlouis (5,8 Prozent) und dem Saarpfalz-Kreis (5,8 Prozent). Im Landkreis St. Wendel betrug der coronabedingte Anstieg 0,8 Prozentpunkte auf jetzt 4,1 Prozent.