Saarland startet Massentest auf Corona
Eine Untersuchung von 2300 repräsentativ ausgewählten Saarländern soll Aufschluss über die tatsächliche Verbreitung des Virus geben.
(kir) Als erstes Bundesland will das Saarland mit einer flächendeckenden Studie herausfinden, wie stark das Coronavirus tatsächlich in der Bevölkerung verbreitet ist und wie viele Menschen bereits immun dagegen sind. Dazu werden Virologen der Homburger Uniklinik in Kürze 2300 repräsentativ ausgewählte Saarländer auf Antikörper untersuchen, wie Gesundheitsministerin Monika Bachmann (CDU) am Mittwoch ankündigte. Erste Ergebnisse sollen bis Sommer vorliegen.
Die ausgewählten Personen sollen demnächst zu einem Bluttest, gegebenenfalls auch zu einem Rachenabstrich, eingeladen werden. Auch der Gesundheitszustand wird erhoben, um mögliche Zusammenhänge mit Vorerkrankungen zu finden. Da die Krankheit oft sehr milde oder sogar ohne Symptome verlaufe, sei von einer hohen Dunkelziffer an Covid-19-Fällen auszugehen, über die man weitere Klarheit gewinnen wolle, sagte Bachmann. „Nur so können wir lernen, richtig mit Covid-19 umzugehen, um unser alltägliches Leben nicht länger einschränken zu müssen.“Von den Erkenntnissen der Studie könne ganz Deutschland profitieren. Die Linke im Landtag bezeichnete die repräsentative Untersuchung als überfällig. Auch die SPD hatte eine solche Studie gefordert.
Laut Gesundheitsministerium wurden im Saarland bisher 45 000 Abstriche untersucht, dabei aber nur in 2611 Fällen das Virus nachgewiesen, von denen über 80 Prozent als geheilt gelten. Am Mittwoch wurden sieben neue Infektionen gemeldet. Bund und Länder haben vereinbart, dass in Landkreisen wieder drastische Einschränkungen verhängt werden sollen, sobald die Zahl von 50 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche überschritten wird. Davon sind die saarländischen Landkreise derzeit weit entfernt. Im gesamten Saarland mit rund einer Million Einwohnern gab es in den vergangenen sieben Tagen 59 neue Fälle.
Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) stellt weitere Lockerungen der Maßnahmen gegen das Coronavirus im Saarland in Aussicht. Das gab er am Mittwochnachmittag nach einer Schalte der Länderchefs mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bekannt. Nach ersten Erleichterungen seien die Infektionszahlen „glücklicherweise“stabil geblieben. Eine „Überforderung“des Gesundheitssystems habe verhindert werden können. Die Bürger im Saarland hätten Großes erreicht, weil sie im Laufe der vergangenen Wochen so diszipliniert gewesen seien. „Die positive Entwicklung schafft uns in der nächsten Phase Raum für weitere Erleichterungen unter Berücksichtigung regionaler Besonderheiten und in unterschiedlichen Geschwindigkeiten“, erklärte Hans.
Nun komme es darauf an, mit entsprechenden Schutzkonzepten den Betrieb in anderen Einrichtungen wieder stufenweise zu ermöglichen. Spätestens am 18. Mai sollen Gastronomiebetriebe unter Auflagen wieder öffnen dürfen. Bereits am Dienstagabend hatte sich Saar-Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) in einem Interview mit dem Saarländischen Rundfunk für dieses Datum ausgesprochen. Details zu den Sicherheits- und Hygienemaßnahmen sollen im Ministerrat am kommenden Dienstag geklärt werden. „Hotelgewerbe, Kinos, Sportstätten – auch dort brauchen die Betreiber und Beschäftigten eine Perspektive“, sagte der Ministerpräsident. Für die Öffnung von Kinos und Theatern sei aber noch etwas
Vorlauf nötig.
„Wir gehen vorsichtig vor. Manche Dinge machen wir auch etwas später als andere Bundesländer, weil wir immer noch vergleichsweise hohe Infektionszahlen haben.“Auch die Kontaktbeschränkungen bleiben grundsätzlich bis mindestens 6. Juni bestehen. „An dem wesentlichen Prinzip des Erfolgs wollen wir festhalten.“Dennoch sollten die Beschränkungen auf ein „erträgliches Maß“gebracht werden, sagte Hans. Kanzlerin Merkel und die Länderchefs einigten sich darauf, dass wieder Treffen mit Personen aus einem
„An dem wesentlichen Prinzip des Erfolgs wollen wir festhalten.“
Tobias Hans (CDU)
Ministerpräsident
weiteren Haushalt erlaubt sind. Außerdem dürfen alle Geschäfte wieder öffnen mit flexiblen Höchstzugangszahlen – die 800-Quadratmeter-Beschränkung ist damit aufgehoben. Diese Lockerungen gelten im Saarland bereits seit einigen Tagen. „Das zeigt, dass wir auf einem richtigen Weg sind“, sagte Hans.
Auch die Kindernotbetreuung, die ab kommender Woche in allen Bundesländern
ausgeweitet werden soll, wird im Saarland bereits umgesetzt. Saar-Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) sagte am Mittwoch dazu: „Ich begrüße ausdrücklich die Feststellung der Regierungschefinnen und -chefs, dass die Ausweitung der Notbetreuung im Kita-Bereich notwendig ist. Für diese Erweiterung der Kapazitäten und die Öffnung für weitere Personengruppen
ist im Saarland bereits die Grundlage gelegt.“Tags zuvor stellte die Ministerin auch in Aussicht, dass möglichst noch vor den Sommerferien alle Kinder und Jugendlichen wieder in die Schulen gehen könnten. Das bestätigte am Mittwoch Ministerpräsident Hans, „auch wenn das noch nicht der Regelbetrieb ist, den wir bis dahin erreichen“. Ihm sei es persönlich wichtig, den Betroffenen eine Perspektive zu bieten.
Grundsätzlich liegt das weitere Vorgehen nun in der Verantwortung der Bundesländer – unter klar definierten, bundesweit geltenden Vorgaben: „Wenn in einem Landkreis auf 100 000 Einwohner über sieben Tage hinweg 50 Neuinfektionen auftreten, müssen wir dort nochmal verschärfte Maßnahmen angehen“, betonte Hans.