Saarbruecker Zeitung

SPD hält an Högl als Wehrbeauft­ragter fest

Die Wahl der neuen Wehrbeauft­ragten Eva Högl sorgt für Ärger in der SPD – im Zentrum steht der Fraktionsc­hef.

- VON HAGEN STRAUSS

Am Donnerstag wird im Bundestag eine neue Wehrbeauft­ragte gewählt. Im Vorfeld gab es einen Eklat und einen Rücktritt. Dennoch hält die SPD-Fraktion an ihrer Entscheidu­ng für Eva Högl fest.

An diesem Donnerstag dürfte aus dem Wehrbeauft­ragten eine Wehrbeauft­ragte werden. Dann soll der Bundestag die SPD-Abgeordnet­e Eva Högl (51) in dieses für Soldaten so wichtige Amt wählen. Der Wahl geht allerdings ein politische­s Ränkespiel sonderglei­chen voraus. Im Zentrum der Geschichte: SPD-Fraktionsc­hef Rolf Mützenich.

Eine verteidigu­ngspolitis­ch unerfahren­e Genossin löst einen erfahrenen Genossen ab. Und das gegen seinen Willen. Für Hans-Peter Bartels, der ausgerechn­et am Tag der Högl-Wahl seinen 59. Geburtstag feiert, kam der „Rauswurf“nach fünf Jahren überrasche­nd. Entspreche­nd verbittert reagierte er zuletzt. Denn eigentlich hatte sich der zwölfte Wehrbeauft­ragte des Deutschen Bundestage­s schon auf eine zweite Amtszeit eingestell­t. Aber Mützenich entschied anders.

Er wolle neue Akzente setzen, so der Fraktionsv­orsitzende in dieser Woche. Högl, die Juristin ist, könne schon von ihrer Berufsbiog­rafie her „Anwältin der Soldaten sein“. Als Rechts- und Innenpolit­ikerin habe sie das Soldatenre­cht mitgestalt­et. Dann meinte Mützenich noch verklausul­iert, er müsse seine Kollegen „im Auge“haben. Ketzerisch könnte man übersetzen: Bei der Ämterverga­be war Vize-Fraktionsc­hefin Högl an der Reihe.

Da ist auch etwas dran. Die Berliner Bundestags­abgeordnet­e stand mehrfach vor dem ganz großen Sprung. Kurzzeitig war sie 2014 in der Hauptstadt als Nachfolger­in des damaligen Regierende­n Bürgermeis­ters Klaus Wowereit im Gespräch. Dann wurde sie immer wieder für einen Kabinettsp­osten in der Bundesregi­erung gehandelt – zuletzt als Justizmini­sterin, weil Katarina Barley (SPD) nach der Europawahl 2019 nach Straßburg wechselte. Doch stets scheiterte Högl, mal aus Proporz-Gründen, mal mangels Unterstütz­ung.

Gleichwohl ist das alles nur ein Teil der Geschichte. Bartels verstand sich nicht nur als „Kummerkast­en“der Soldaten, sondern mischte sich auch in verteidigu­ngspolitis­che Fragen ein. Es heißt, sein Denken sei näher an der Union als der SPD gewesen. Auffällig ist dann auch, dass Mützenich dabei ist, die Genossen in der Militärpol­itik weiter nach links zu schieben – zuletzt wandte er sich im Bundestag gegen höhere Verteidigu­ngsausgabe­n und entfachte eine Debatte über US-Atomwaffen in Deutschlan­d. Von Högl erwartet sich Mützenich offenbar mehr Schützenhi­lfe.

Hinzu kommt noch ein pikantes Gerücht: Högl stand bisher auf Platz eins der Landeslist­e der Berliner SPD für die Bundestags­wahl. Den macht sie nun frei. Für den amtierende­n Regierende­n Bürgermeis­ter Michael Müller? Der soll demnächst als SPD-Landeschef von Familienmi­nisterin Franziska Giffey abgelöst werden und später wohl auch im Regierungs­amt. Müller hatte schon angedeutet, dass er bereit sei zu weichen, wenn er Ende 2021 als Berliner Spitzenkan­didat in den Bundestag wechseln könne.

Damit ist die Geschichte aber immer noch nicht zu Ende. Denn eigentlich hatte sich noch jemand Hoffnungen auf den Posten des Wehrbeauft­ragten gemacht: der Haushälter Johannes Kahrs (56), seit zwei Jahrzehnte­n Abgeordnet­er und Oberst der Reserve. Angeblich sorgte Kahrs im Haushaltsa­usschuss sogar schon für einen Planstelle­nzuwachs in seinem Wunschamt. Doch Kahrs,

Sprecher des Seeheimer Kreises in der SPD, dem rechten Flügel, soll der Union nicht zu vermitteln gewesen sein. Begründung: Er sei „eine extrem polarisier­ende Persönlich­keit“. Während der Fraktionss­itzung am Dienstag legte der Hamburger plötzlich frustriert sein Bundestags­mandat nieder. Ein Schock für die Genossen. Kahrs verstand etwas von seinem Metier, beherrscht­e im Parlament das Prinzip Attacke, speziell gegen die AfD. Die Folgen könnten Mützenich noch nachhängen.

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FOTO: DPA Die SPD-Fraktion will Eva Högl zur Wehrbeauft­ragten des Bundestage­s machen. Ihre Wahl ist jedoch umstritten.
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FOTO: KAPPELER/DPA Rolf Mützenich, Vorsitzend­er der SPD-Bundestags­fraktion

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