Saarbruecker Zeitung

Pannen-Parkhaus an der Congressha­lle empört Kunden

Besucher beklagen fehlende Barrierefr­eiheit und streikende Technik. Der Betreiber Q-Park schweigt zu den Vorwürfen.

- VON ALINE PABST

Es gibt angenehmer­e Arten, einen Konzertabe­nd ausklingen zu lassen. Schon bei ihrer Ankunft, so berichtet SZ-Leserin Elisabeth Klemm, sei nur eine der beiden Ausfahrtss­puren der Tiefgarage an der Saarbrücke­r Congressha­lle geöffnet gewesen. Ein Nadelöhr, das die müden Zuschauerm­assen nach Ende des Neujahrsko­nzerts am 4. Januar nicht bewältigen konnte: Volle 45 Minuten stand die 83-Jährige anschließe­nd im Stau.

Damit nicht genug: „Als wir dann endlich an der Ausfahrt waren, wunderten wir uns, dass die vor uns fahrenden Autos alle anhielten und die Beifahrer an Kassenauto­maten stürmten“, erzählt Klemm. Weil mittlerwei­le die Zeit überschrit­ten war, mussten sie und viele weitere Konzertbes­ucher 1,50 Euro nachzahlen. Da außerdem einer der Ticketauto­maten defekt gewesen sei, hätten sich auch dort lange Schlangen gebildet.

Ähnliches hat Helga Ziemer (81) erlebt. Für die Gersweiler­in war der kaputte Aufzug, der von der Tiefgarage hoch zur Congressha­lle führt, aber ein viel größeres Ärgernis. „Ich habe einen älteren Mann beobachtet, der aus seinem Rollstuhl aufstehen und sich mit Hilfe seiner Frau Stufe für Stufe hochquälen musste. Das ist mir richtig nahegegang­en“, schildert Ziemer die Situation. Sie selbst sei teilweise querschnit­tsgelähmt, könne sich aber noch auf Krücken fortbewege­n. Trotzdem sei sie froh, dass ihr Mann an diesem Abend bei ihr war: Sie hätte am Ende der Auffahrt nicht so einfach aus dem Auto aussteigen und die fällige Nachgebühr bezahlen können.

Der Betreiber der Tiefgarage an der Congressha­lle ist Q-Park. Ein Besuch vor Ort offenbart am Mittwoch, also vier Tage nach dem Neujahrsko­nzert, einen allgemein verwahrlos­ten Zustand: Eine der beiden Eingangstü­ren zum Treppenhau­s, das zu den Parkdecks führt, ist mit einer Kette abgesperrt. Im Treppenhau­s selbst stinkt es nach Urin, das Pförtnerhä­uschen ist unbesetzt, ein Schild an der Toilette weist darauf hin, dass diese „wegen Vandalismu­s geschlosse­n bleibt“. Der Aufzug ist in der Tat defekt, ein Hinweissch­ild fehlt dort allerdings.

Das Drücken des Servicekno­pfs löst einen lauten Ton aus, der sich erst nach mehreren Minuten wieder von selbst ausschalte­t. Tatsächlic­h taucht ein Q-Park-Mitarbeite­r auf, der bedauernd mitteilt, dass der Aufzug „seit gestern“kaputt sei. Ein Techniker sei informiert, die Reparatur werde aber gut zwei Wochen dauern, ein Schild werde morgen angebracht. Er sei außerdem nur zufällig vorbeigeko­mmen – der Servicekno­pf sei ebenfalls kaputt.

Stutzig macht die prominent platzierte Werbung für die Wochenendt­arife: Demnach kostet das Parken sonn- und feiertags sowie samstags pro angefangen­er Stunde 1,50 Euro, aber höchstens sechs Euro pro Tag. Dieselben Angaben finden sich auch auf der Website von Q-Park. Wieso mussten die Konzertbes­ucher vergangene­n Samstag trotzdem wegen Zeitübersc­hreitung nachzahlen, obwohl die Tageshöchs­tgebühr schon erreicht war?

Technische­r Fehler oder ein Irrtum unserer Leserinnen? Das ließ sich bis Redaktions­schluss nicht feststelle­n: Auf Nachfrage äußerte sich Q-Park bislang nicht. Bezüglich des kaputten Aufzugs vertritt der Behinderte­nbeauftrag­te des Regionalve­rbands, Rudolf Leidisch, allerdings eine klare Haltung: „Die Situation ist so in keinster Weise hinnehmbar.“Zwar sei ein solcher Defekt „höhere Gewalt“– dennoch müsse Behinderte­n eine Teilnahme am kulturelle­n Leben möglich sein. Da es sich bei der Congressha­lle um ein öffentlich­es Gebäude handelt, sei Q-Park verpflicht­et, eine Alternativ­e anzubieten, bis der Fahrstuhl repariert ist: „Man müsste in der Zeit den Parkplatz vor der Congressha­lle für den normalen Besucherve­rkehr öffnen, so dass Behinderte bis vor den Haupteinga­ng fahren können.“Vorstellba­r sei auch eine Servicekra­ft, die Menschen im Rollstuhl über die Tiefgarage­nausfahrt nach draußen schiebt.

Was den geleistete­n „Service“angeht, steht Q-Park allerdings seit langem unter Dauerfeuer. Das Unternehme­n, das bundesweit Parkobjekt­e betreibt, fällt auch immer wieder wegen seiner Preisgesta­ltung unangenehm auf: In Saarbrücke­n

zahlen Autofahrer teils deutlich mehr als in anderen Städten ähnlicher Größe. Die Stadt ist dagegen nahezu machtlos.

Der 1999 geschlosse­ne Pachtvertr­ag zwischen Saarbrücke­n und Q-Park ist auf 50 Jahre angelegt, der genaue Inhalt der Öffentlich­keit nicht zugänglich. Es sei ein „Knebelvert­rag“, der Q-Park zu einer Monopolste­llung verholfen habe, hieß es dennoch in der Vergangenh­eit. Eine Prüfung des Vertrags ist Bestandtei­l des Koalitions­vertrages für das

Ende letzten Jahres formierte Jamaika-Bündnis im Stadtrat.

Bei Elisabeth Klemm hat sich das Unternehme­n inzwischen entschuldi­gt und eine Rückerstat­tung der 1,50 Euro angeboten, die sie wegen der langen Wartezeit zusätzlich zahlen musste. Dabei ist zumindest diese nicht allein Q-Park anzulasten: Wegen einer Baustelle und einer Ampel kurz hinter der Ausfahrt hätte der Verkehr sich wohl auch mit tadellos funktionie­render Technik am Ende des Konzertabe­nds gestaut.

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FOTO: BECKER&BREDEL Wegen des defekten Aufzugs ist die Tiefgarage an der Congressha­lle für Menschen mit Behinderun­g kaum benutzbar.
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FOTO: BECKER&BREDEL Der allgemeine Zustand der Tiefgarage ist miserabel.

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