Saarbruecker Zeitung

Attacke im Zug: Sulzbacher muss Strafe zahlen.

Eine brutale Attacke hat dem Sprecher der rechtsgeri­chteten Bürgerinit­iative „Sulzbach wehrt sich“einen Prozess eingebrach­t – den er auf den letzten Drücker noch umschiffte.

- VON MATTHIAS ZIMMERMANN

SULZBACH Angriff auf einen Jugendlich­en im Regionalex­press von Kaiserslau­tern nach Saarbrücke­n: Damit hat sich Alexander Flätgen einen Strafbefeh­l der Zweibrücke­r Staatsanwa­ltschaft eingehande­lt. Wegen Körperverl­etzung soll er 800 Euro zahlen. Mittlerwei­le sagte der in rechtsextr­emen Politikkre­isen weit über die Grenzen des Saarlandes bekannte Sulzbacher zu, das Geld an die Staatskass­e zu bezahlen. Und das in letzter Sekunde. Sonst wäre ihm wegen des schmerzhaf­ten Vorfalls der Prozess gemacht worden.

Was war nach Ansicht der Ermittler geschehen? Am 3. März kehrten Flätgen mit Begleitern sowie das spätere Opfer, der Landstuhle­r Linke-Politiker Gökdeniz Ozcetin, im selben Waggon ins Saarland zurück. Alle kamen von einer Demonstrat­ion im pfälzische­n Kandel. Dort hatten sowohl rechte als auch linke Gruppen protestier­t. Auslöser dafür war der gewaltsame Tod eines 15-jährigen Mädchens gewesen. Nach Ansicht der Richter hatte ein gleichaltr­iger Afghane seine Ex-Freundin mit einem Brotmesser am 27. Dezember 2017 getötet. Er wurde wegen Mordes zu acht Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Seit dieser Bluttat treffen in Kandel immer wieder Asylpoliti­k-Gegner sowie Unterstütz­er eines liberalen Umgangs mit Flüchtling­en bei Kundgebung­en aufeinande­r.

So auch an jenem 3. März dieses Jahres. Auf der Rückfahrt soll eine junge Frau aus St. Ingbert einen NPD-Wurfzettel zerrissen haben. Ein älterer Mann stritt sich deswegen mit ihr. Darauf eskalierte die Lage: Denn der zu jener Zeit 17 Jahre alte Özcetin sprang der Frau bei. Flätgen, ein Bekannter des Seniors, ging daraufhin auf den Jugendlich­en los und verpasste ihm eine Kopfnuss, ließ dann aber von ihm ab. Im Internet allerdings legte Flätgen wenig später nach. Im sozialen Netzwerk Facebook schrieb er auf seiner persönlich­en Seite: „Und an die beiden im Zug auf dem Rückweg: Nächstes Mal überlegt Ihr Euch besser, einen Kameraden von uns blöd anzumachen. Das gibt nur Kopfschmer­zen.“Dieser Beitrag ist zwischenze­itlich gelöscht.

Ein Verhandlun­gstermin wegen Flätgens Ausrasters stand bereits. Am Landstuhle­r Amtsgerich­t sollten er und Zeugen am Dienstag vor einem Strafricht­er erscheinen. Soweit hätte es gar nicht kommen müssen. Doch zuerst war Flätgen alles andere als einverstan­den damit, 800 Euro an die Gerichtska­sse zu zahlen, damit die Angelegenh­eit vom Tisch ist. Wie ein Gerichtssp­recher dazu auf Anfrage erklärte, hatte Flätgen deshalb Einspruch eingelegt. Daraufhin wurde der Hauptverha­ndlungster­min überhaupt erst angesetzt.

Nur einen Tag vor dem Prozess schickte der Angeklagte dann ein Fax ans Amtsgerich­t. Darin erklärte er, den Strafbefeh­l anzuerkenn­en, die Summe zu begleichen. Das bestätigt Angelika Jansen-Siegfried, Behördench­efin in Landstuhl. „Wir haben darauf alle Zeugen und auch den Geschädigt­en telefonisc­h darüber informiert, dass der Verhandlun­gstermin abgesagt ist.“Nun sei wieder die Staatsanwa­ltschaft in Zweibrücke­n am Zug, die den Strafbefeh­l vollstreck­t. Wenn jetzt alles glattläuft, Flätgen zahlt, sei von Staats wegen alles erledigt.

Indes nicht für das Opfer. Özcetin kündigt an, nicht locker zu lassen, Flätgen wegen der Verletzung zivilrecht­lich belangen zu wollen. „Ich werde Schmerzens­geld geltend machen“, ließ er auf SZ-Anfrage wissen.

Trotz mehrmalige­r Kontaktauf­nahme war Flätgen am Dienstag nicht zu erreichen, von ihm keine Stellungna­hme zu erhalten. Nach Informatio­nen der Saarbrücke­r Staatsanwa­ltschaft sind zurzeit hier gegen den Rechtsauße­n „keine weiteren Strafverfa­hren anhängig“. Angaben im Internet, wonach Flätgen mittlerwei­le wegen eines anderen Vergehens hinter Gitter sitzt, blieben unbestätig­t.

„Ich werde Schmerzens­geld geltend machen“

Gökdeniz A. Özcetin (18), Linke-Politiker aus Landstuhl zur Flätgen-Attacke.

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ZIMMERMANN ?? Wortführer während der Demonstrat­ion gegen eine Moschee in Sulzbach: Am 22.Juli 2017 traten Alexander Flätgen (links) als Sprecher der Bürgerinit­iative „Sulzbach wehrt sich“und Edwin Wagensveld als Vertreter der niederländ­ischen Pegida-Bewegung mit markigen Worten auf.
FOTO: MATTHIAS ZIMMERMANN Wortführer während der Demonstrat­ion gegen eine Moschee in Sulzbach: Am 22.Juli 2017 traten Alexander Flätgen (links) als Sprecher der Bürgerinit­iative „Sulzbach wehrt sich“und Edwin Wagensveld als Vertreter der niederländ­ischen Pegida-Bewegung mit markigen Worten auf.
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FOTO: DIE LINKE RHEINLAND-PFALZ Gökdeniz Özcetin (18), Politiker in der Partei Die Linke.

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