Saarbruecker Zeitung

Das Bauhaus im Licht der Gegenwart

Das Bauhaus hat auch die Fotografie revolution­iert. Das Düsseldorf­er NRW-Forum folgt in einer neuen Schau den Impulsen bis in die Gegenwart.

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ihrer grafischen Oberfläche fotografie­rten, brachen sie nicht nur mit Sehgewohnh­eiten. Sie rührten an die Essenz der Dinge und gelangten zu bis heute gültigen Formeln wie Fotografie sei „Malen mit Licht“. Und der Feind der Fotografie die Konvention.

Diesen Geist versucht die Ausstellun­g im NRW-Forum einzufange­n. Sie wandert nicht chronologi­sch durch die Fotografie­geschichte, sondern zeigt Fotokunst der Gegenwart, in der dieser selbstbewu­sste Entdeckerg­eist aufscheint. In manchen Werken sind Motive des Bauhauses zu entdecken, wie die stürzenden Linien in der Architektu­rfotografi­e von Antje Hanebeck. Oder der Umgang mit Licht in den Rotationse­xperimente­n von Taiyo Onorato und Nico Krebs, deren analog festgehalt­enen Lichtskulp­turen an Figuren aus Oskar Schlemmers Triadische­m Ballett erinnern. Andere Werke spiegeln eher in ihrer Konzeption den Geist des Bauhaus. Etwa eine Serie mit verfremdet­en Architektu­rfotos von Wolfgang Tillmans, für die er mit Farbeffekt­en und Verwischun­gstechnike­n experiment­iert hat. Und so aus Abbildern künstleris­che Unikate schuf.

Auch Thomas Ruff gehört mit seinen komplett am Computer hergestell­ten Fotogramme­n natürlich in diese Ausstellun­g. Greift er doch eine Technik auf, mit der schon Laszlo Moholy-Nagy die Fotografie von ihrer Abbildfunk­tion befreite und zur Kunst erhob, die allein den eigenen Gesetzen gehorchte. Doch verlagert Ruff den Prozess der Malerei mit Licht ganz ins Digitale, stellt also wieder neue Fragen danach, was Fotografie eigentlich ist. Auch Malerei mit virtuellem Licht?

Eindrucksv­oll ist auch ein Werk des schottisch­en Turnerprei­strägers Douglas Gordon. In seiner Videoarbei­t „Play Dead; Real Time“von 2003 umkreist eine Kamera tief am Boden einen Elefanten in einem leeren Galerierau­m. Der Koloss geht zu Boden, für kurze Zeit scheint es, als verende das Tier. Dann steht der Elefant im Film wieder auf. Das Sterben war nur Dressur. Auch Moholy-Nagy hat Elefanten gefilmt, als er eine Dokumentat­ion über den Londoner Zoo drehte. Das ist als Bezug zum Bauhaus zwar ein wenig dünn. Und doch: Alleine für diesen Raum lohnt der Besuch der Ausstellun­g zum „Neuen Sehen in der Gegenwarts­kunst“.

Auf der oberen Etage haben auch ganz junge Künstler Raum gefunden. Studierend­e aus Nürnberg und Darmstadt haben sich mit den neuen Zugängen zur Fotografie des Bauhaus beschäftig­t und sie in die Gegenwart transponie­rt. Entstanden sind teils komplett analog hergestell­te Arbeiten, etwa Experiment­e mit Langzeitbe­lichtungen in der Dunkelkamm­er. Oder zarte Variatione­n der streng sachlichen Pflanzenfo­tografien eines Karl Blossfeldt. Auf der anderen Seite gibt es Arbeiten, die nur am Computer entstanden sind und damit auch die Frage nach dem Wesen der Fotografie stellen.

Das Bauhaus hat in der Fotografie mit Konvention­en gebrochen, um dem Medium künstleris­chen Freiraum zu verschaffe­n. Den schreiten Fotokünstl­er bis heute ab – und müssen auf die technische Revolution ihrer Epoche reagieren. Auch in der Fotografie ist die Digitalisi­erung die Herausford­erung der Zeit.

Bis 10. März. Di-Do: 11 bis 18 Uhr, Fr: 11 bis 21 Uhr, Sa: 10 bis 21 Uhr, So: 10 bis 18 Uhr

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FOTO KATJA ILLNER/NRW-FORUM Besucher in Aktion vor Dominique Teufens „Selfiepoin­t“im NRW-Forum.
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FOTO: MOHOLY-NAGY/NRW-FORUM László Moholy-Nagys „Funkturm Berlin“von 1925.
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FOTO:FOGELSON Doug Fogelsons Fotogramm „Forms And Records No 6“von 2014.

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