Saarbruecker Zeitung

AfD wegen Großspende in Erklärungs­not

Mit 130 000 Euro wollte eine Firma aus der Schweiz 2017 den Wahlkampf der AfD-Fraktionsc­hefin unterstütz­en. Weidel gibt sich ahnungslos.

- VON ANNE-BEATRICE CLASMANN

2017 zog die AfD mit 12,6 Prozent in den Bundestag ein. Kurz zuvor hatte der AfD-Kreisverba­nd Bodensee eine Großspende aus der Schweiz erhalten. Vor allem Alice Weidel gerät nun in Erklärungs­not.

(dpa) „Ein Gönner aus der Schweiz unterstütz­t Alice wöchentlic­h mit mehreren tausend CHF. Was ist dabei zu beachten?“, fragt die Schatzmeis­terin des AfD-Kreisverba­ndes Bodensee im August 2017 in einer E-Mail an den Landesscha­tzmeister. Die Antwort, die sie erhält, veranlasst den Kreisverba­nd von Bundesvors­tandsmitgl­ied Alice Weidel erst einmal nicht dazu, die Spenden aus dem Ausland zurückzuwe­isen. Binnen weniger Wochen kommen so rund 130 000 Euro zusammen. Geld, das Weidel gut für ihren Wahlkampf gebrauchen kann.

Acht Monate später – die AfD ist inzwischen mit 12,6 Prozent der Zweitstimm­en in den Bundestag eingezogen, Weidel ist Fraktionsc­hefin – bekommen die Mitglieder des Kreisvorst­andes am Bodensee dann doch kalte Füße. Denn Spenden aus dem Ausland sind nur erlaubt, wenn das Geld aus dem Vermögen eines Deutschen oder EU-Bürgers stammt. Alles andere wäre illegal, weil Ausländer oder Staaten nicht Einfluss auf die deutsche Politik nehmen sollen. Spenden von mehr als 50 000 Euro müssen Parteien zudem sofort der Bundestags­verwaltung melden, und sie müssen umgehend veröffentl­icht werden. Die Stückelung hatte womöglich das Ziel, diese Regel zu umgehen.

Die Schatzmeis­terin soll das Geld also zurückschi­cken. Doch das ist gar nicht so einfach. Weidel, die mit ihrer Familie auch einen Wohnsitz in der Schweiz hat, sagt, sie kenne den Spender nicht. „Bei dem Konto, auf dem die Spende einging, handelt es sich um das ordentlich­e Konto des Kreisverba­ndes des Bodenseekr­eises“, erklärte sie. „Die Spende ist nicht an meine Person gegangen.“Überwiesen wurde das Geld nach Angaben aus Parteikrei­sen von einer in Zürich registrier­ten Firma. Die ist laut Handelsreg­ister zwar in der Pharmabran­che aktiv. Es handelt sich jedoch nicht um einen der großen Schweizer Pharmakonz­erne, deren Anschrift und Telefonnum­mer jeder mit zwei Klicks im Internet findet. Die Schatzmeis­terin habe die Kontonumme­r schließlic­h herausgefu­nden und das Geld in mehreren Tranchen überwiesen, heißt es.

Der baden-württember­gische AfD-Landesscha­tzmeister will sich zu den Vorwürfen bisher nicht äußern. Auf Anfrage verweist er auf „parteiinte­rne Untersuchu­ngen“, deren Ergebnis man erst abwarten wolle. Er sagt: „Wir haben uns verständig­t, dass wir dazu jetzt keine Aussage treffen wollen.“

Mit der AfD-Bundestags­fraktion, die ihn als „Leiter Finanzen/Fraktionsa­ufbau“nach Berlin geholt hatte, liegt der Landesscha­tzmeister zurzeit im Clinch. Weidel und der Co-Vorsitzend­e Alexander Gauland haben ihm im Oktober fristlos gekündigt. Zuvor soll eine Prüfung erhebliche Mängel in der Buchführun­g zutage gefördert haben. Auch damals berichtete die „Süddeutsch­e Zeitung“, die in Sachen Schweizer Großspende jetzt gemeinsam mit WDR und NDR recherchie­rt hat.

Der AfD-Landeschef in Baden-Württember­g, Ralf Özkara, will die Vorwürfe erst einmal aufklären, sagt er. Das klingt nicht mehr so fordernd wie zu Beginn der Affäre. Da hatte er der „Süddeutsch­en Zeitung“noch gesagt, er erwarte, dass Weidel, falls es sich wirklich um eine illegale Parteispen­de handeln sollte, „von allen Ämtern und Mandaten zurücktrit­t“. Özkara hat ein enges Verhältnis zum Parteivors­itzenden Jörg Meuthen, der bei der Europawahl­versammlun­g der AfD am kommenden Wochenende für den Spitzenpla­tz kandidiere­n will. Ob Özkara auch nominiert werden will, lässt er offen. Auf Anfrage sagt er, eine Kandidatur sei „möglich“. Er habe sich aber noch nicht entschiede­n.

Für Weidel lief es zuletzt ziemlich gut. In den Social-Media-Foren der AfD erhält sie viel Zuspruch. Die Debatte darüber, ob die AfD ein Prüffall für den Verfassung­sschutz werden könnte, schwächt den rechtsnati­onalen Flügel um den Thüringer Landeschef Björn Höcke. Und sie hilft Weidel, die bei den Bestrebung­en der Partei, eine Beobachtun­g zu umgehen, eine wichtige Rolle spielt.

Grüne und SPD forderten umgehende Aufklärung über die möglicherw­eise illegale Großspende. Alle Fakten müssten auf den Tisch, sagte die Parlamenta­rische Geschäftsf­ührerin der Grünen im Bundestag, Britta Haßelmann, dem „Handelsbla­tt“. Die AfD-Spitze um Alexander Gauland, Jörg Meuthen und Alice Weidel könne sich „nicht länger ahnungslos geben“.

„Die Spende ist nicht an meine Person

gegangen.“

Alice Weidel

AfD-Fraktionsv­orsitzende

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FOTO: KAY NIETFELD/DPA Ein besonders großzügige­r Spender könnte jetzt zum Problem für AfD-Fraktionsc­hefin Alice Weidel werden.

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