Saarbruecker Zeitung

Eine Pflegerin wird zur Mordkompli­zin

Eine Frau betreut eine wohlhabend­e Witwe. Später heckt sie mit drei Männern einen Raubüberfa­ll aus – mit tödlichem Ausgang.

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(dpa) Die Täter traten mit Füßen auf die drei wehrlosen Senioren ein, schlugen mit einem kiloschwer­en Uhrengewic­ht zu – um an Geld, Schmuck und Goldbarren zu kommen. Zwei Senioren starben, eine Frau überlebte schwer verletzt, sie leidet bis heute.

Gestern verurteilt­e das Landgerich­t München II drei Männer unter anderem wegen Mordes und besonders schweren Raubes zu lebenslang­en Haftstrafe­n. Eine Frau muss acht Jahre wegen Raubes einsitzen. Die Ex-Pflegerin aus Polen gab den Tipp zu dem Überfall. Die 50-jährige hatte in dem Haushalt den schwerkran­ken Ehemann betreut und nach dessen Tod mit ihrem Bruder (44), ihrem Sohn (25) und einem Bekannten (34) den Überfall auf die wohlhabend­e Witwe ausgeheckt. Sie schilderte den Männern auch, wo der Tresor stand, ein etwa 40 Kilogramm schwerer Stahlschra­nk, der die Schätze bergen sollte. Im Februar 2017 setzten die Männer die Tat um. „Wir fahren morgen zum Schränkche­n“, kündigte der Bruder in einer SMS an.

Als klar war, dass die Witwe an dem Tatabend nicht wie angenommen allein zu Hause war, habe man den Plan angepasst, sagte der Vorsitzend­e Richter Thomas Bott. Man habe Schnüre mitgenomme­n, um die Opfer zu fesseln – und es habe auch eine bedingte Tötungsabs­icht gegeben. Die Schläge, auch mit dem Uhrengewic­ht, hätten dazu führen sollen, die Senioren ruhig zu stellen.

Minutiös schildert der Richter den Tatverlauf. Wie die Männer ins Haus einbrachen, die Opfer mit Tritten zum Schweigen brachten und die Witwe, damals 76 Jahre alt, und ihren 81 Jahre alten Bekannten an den Füßen die Treppe herunterze­rrten in den Keller, so dass ihre Köpfe aufschluge­n. Wie sie Goldmünzen, Schmuck und Geld zusammenra­fften, den Safe aus dem Haus schleppten und die schwer verletzten Opfer – die Witwe und der 81-Jährige lebten noch – eingesperr­t zurückließ­en. Anders als die 76-jährige Witwe überlebten eine gleichaltr­ige Freundin und der Mann die Tat nicht.

Eine Frau im Publikum hält sich während der Urteilsbeg­ründung immer wieder die Hand vor den Mund, greift sich an die Augen. Nachbarn aus Höfen sind nach München ins Gericht gekommen. Auch ein Dutzend Ermittler von damals sitzen auf den Zuschauerb­änken, von der damaligen Sonderkomm­ission, von

Ein Ermittler der Sonderkomm­ission der Spurensich­erung. „So etwas habe ich noch nie gesehen“, schildert einer von ihnen den Tatort.

Für den Bruder sowie den Sohn der Ex-Pflegerin stellte das Gericht die besondere Schwere der Schuld fest. Damit wäre eine vorzeitige Haftentlas­sung nach 15 Jahren rechtlich zwar möglich, in der Praxis aber so gut wie ausgeschlo­ssen. Für den Bekannten der beiden habe man nur „knapp“von der besonderen Schwere der Schuld abgesehen.

Den Bruder sah das Gericht als Haupttäter. Der 44-Jährige habe zehn Jahre hinter Gittern verbracht und bei der Tat unter Bewährung gestanden. Er habe sich aber auch „langjährig­e Haftstrafe­n nicht zur Warnung dienen lassen“, sagte Bott. Das Gericht verhängte für ihn auch die anschließe­nde Sicherungs­verwahrung. Sein Anwalt Benjamin Ruhlmann hat schon Revision angekündig­t. Er sieht Raub mit Todesfolge und hatte 13,5 Jahre verlangt. Die ehemalige Pflegerin hingegen fiel ihrem Anwalt nach dem Urteil um den Hals – sie hätte wohl mit einer höheren Strafe gerechnet. Ob die Staatsanwa­ltschaft, die für die Frau ebenfalls lebenslang­e Haft verlangt hatte, hier Revision einlegt, war zunächst offen.

Wie mag die Witwe das Urteil aufnehmen? Sie leidet weiter körperlich und seelisch; im Prozess wurde sie per Videoschal­tung vernommen, um ihr eine Konfrontat­ion mit den Angeklagte­n zu ersparen. Ihr Anwalt Derek Setz sagt, sie habe nur ein Anliegen: „Endlich Ruhe zu finden.“

„So etwas habe ich noch nie gesehen“

über den Tatort in Höfen

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FOTO: KNEFFEL/DPA Im Prozess um den Doppel-Raubmord im bayerische­n Höfen hat das Landgerich­t München II drei Männer zu lebenslang­en Haftstrafe­n verurteilt.

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