Saarbruecker Zeitung

Gefährlich­e Finanzgesc­häfte

ARTE widmet sich in einem Themenaben­d zockenden Banken und den Folgen daraus.

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SAARBRÜCKE­N (ry) Zehn Jahre nach der Lehman-Brothers-Pleite und anschließe­nder Banken- und Wirtschaft­skrise scheint sich die Finanzwelt wieder aufgerappe­lt zu haben. Schlechte Angewohnhe­iten inklusive: toxische Papiere, derivative Finanzinst­rumente – das Zocken geht weiter.

Wie es 2008 überhaupt so weit kommen konnte, durchleuch­tet die Regisseuri­n Jennifer Deschamps in „Inside Lehman Brothers“um 20.15 Uhr. Firmeninte­rne Whistleblo­wer von Kalifornie­n bis zur Wall Street hatten damals vergeblich Alarm geschlagen: Matthew Lee, einer der Vizepräsid­enten von Lehman Brothers, weigerte sich, Finanztran­saktionen in zweistelli­ger Milliarden­höhe zu genehmigen; Sylvia Vega-Sutfin und ihre Kollegen entdeckten in einer Kreditbank der Lehman Brothers Holding Inc. unzählige Betrugsfäl­le. Als sie ihre Vorgesetzt­en informiert­en, wurden sie unter Druck gesetzt oder sexuell belästigt. Lee wurde entlassen, Sylvia Vega-Sutfin und ihre Kollegen kündigten schließlic­h selbst, nachdem sie durch die Hölle gegangen waren.

Sie warnen: Geschichte wiederholt sich. Mit der Bankensani­erung kamen auch die schlechten Angewohnhe­iten zurück. Und der US-amerikanis­che Präsident Donald Trump setzt alles daran, die zerbrechli­chen Schutzvorr­ichtungen seines Vorgängers einzureiße­n. Schlimmer noch: Trump regiert nun mit denjenigen, die das System in den Bankrott führten.

„Inside Lehman Brothers“gibt Einblicke in ein krankes System, das jegliche Warnzeiche­n ignoriert. Die Vorfälle von 2008 könnten sich jederzeit wiederhole­n. Der Kampf der Whistleblo­wer ist alles andere als vorbei – doch sie finden immer noch kaum Beachtung.

Der um 21.40 Uhr anschließe­nde Film von Jérôme Fritel über die Bank HSBC zeigt, wie lange und wie tief auch diese „Skandalban­k“in kriminelle Geschäfte involviert war: Geldwäsche, Steuerfluc­ht und Libor-Zins-Manipulati­on – HSBC kam aus den negativen Schlagzeil­en kaum noch heraus. Trotzdem musste die Bank nie mehr als ein Bußgeld zahlen, zu einem Prozess oder einer Verurteilu­ng kam es nicht. Der Begriff „Too Big to Jail“, also „zu groß für eine Gefängniss­trafe“, scheint ihr auf den Leib geschriebe­n zu sein.

Wie sich die Geschäfte des Finanzsekt­ors direkt auf die Verbrauche­r auswirken können, veranschau­licht der Film „Tod auf Raten“um 23.20 Uhr. Die Verschuldu­ng der Privathaus­halte in Europa steigt weiter an und zerstört das Leben vieler Bürger, die ihre Kredite nicht mehr bedienen können – so wie vor zehn Jahren bei der US-Immobilien­krise.

Inside Lehman Brothers, 20.15 Uhr, ARTE

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FOTO: ARTE/YLE Matthew Lee blickt auf seinen alten Arbeitspla­tz in London. Der ehemalige Vize-Präsident von Lehman Brothers beschreibt die dortige Arbeitsatm­osphäre als elektrisie­rt.

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