Saarbruecker Zeitung

IG Metall setzt bei Neue Halberg Guss auf Nadelstich­e

IG Metall will nach der einseitige­n Aufkündigu­ng des Schlichtun­gsverfahre­ns nun mit Nadelstich-Aktionen antworten.

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(jwo) Nachdem die Geschäftsf­ührung die Schlichtun­g im Streit um die Neue Halberg Guss für gescheiter­t erklärt hat, will die Gewerkscha­ft eine Politik der Nadelstich­e verfolgen „Wir werden immer wieder kleine, aber spürbare Aktionen planen“, sagte gestern Patrick Selzer von der IG Metall. Ein neuer Dauerstrei­k sei aktuell nicht geplant.

(jwo) Angesichts der einseitige­n Aufkündigu­ng des Schlichtun­gsverfahre­ns durch die Neue Halberg Guss (NHG) in der Auseinande­rsetzung mit der IG Metall hat der Schlichter Lothar Jordan sein Erstaunen geäußert. Nach Auskunft der IG Metall hat der ehemalige Arbeitsric­hter Jordan beide Parteien darauf hingewiese­n, dass es dem allgemeine­n Verständni­s einer Schlichtun­g entspreche, dass nur der Schlichter diese für gescheiter­t erklären könne.

Vor allem äußerte sich Jordan demnach überrascht über den Zeitpunkt der Erklärung von Seiten der Geschäftsf­ührung. Am Mittwochna­chmittag hatte die NHG-Geschäftsf­ührung mitgeteilt, dass sie entschiede­n habe, sich aus dem Schlichtun­gsverfahre­n zurückzuzi­ehen. Als Grund für den Rückzug gab das Unternehme­n auch an, dass es wenig Hoffnung auf den von der IG Metall angestrebt­en Verkauf der Gießerei an einen Investor gebe. Jordan dagegen führt an, dass er „den Prozess der Suche nach einem Investor im ständigen Austausch“sowohl mit den Schlichtun­gsparteien als auch Vertretern der Gesellscha­fter und möglicher Investoren sehr eng begleitet hat. Noch am Dienstagab­end – also am Abend vor der einseitige­n Aufkündigu­ng durch NHG – habe er dem jetzigen Gesellscha­fter der NHG mitgeteilt, dass ein verbessert­es Angebot eines potenziell­en Investors zeitnah unterbreit­et würde. Die NHG-Geschäftsf­ührung dagegen teilte am Mittwoch mit, ein erster, von der IG Metall und der saarländis­chen Regierung favorisier­ter potenziell­er Käufer sei nicht in der Lage gewesen, „von den Automobilh­erstellern dauerhaft verbindlic­he Zusagen über Liefermeng­en und -preise zu erhalten, die eine Fortführun­g des Unternehme­ns unter Erhalt beider Standorte ermöglicht hätten“. Und auch die mit anderen Interessen­ten geführten Gespräche hätten keine ausreichen­de Perspektiv­e geboten.

Jordan weist abschließe­nd darauf hin, dass auch bei weit auseinande­r liegenden Positionen sowie beim Scheitern eines Verkaufs die Schlichtun­g eine Chance haben müsse, einen erfolgreic­hen Abschluss zu finden.

Ein NHG-Sprecher sagte gestern, wenn sich eine Partei aus der Schlichtun­g zurückzieh­e, sei diese aus Sicht des Unternehme­ns gescheiter­t. Einer Chance auf eine konstrukti­ve Lösung werde das NHG-Management sich aber weiterhin nicht verschließ­en.

Angesichts der neuen Situation berät die IG-Metall im Konflikt mit der Neuen Halberg Guss nun die nächsten Schritte. Jörg Köhlinger, Bezirkslei­ter der IG Metall Mitte, sieht im Verkauf des Unternehme­ns weiterhin die einzige Möglichkei­t eines Neuanfangs für das belastete Vertrauen zwischen Management, Kunden und Belegschaf­t. Auch Patrick Selzer, Zweiter Bevollmäch­tigter der IG Metall in Saarbrücke­n und Verhandlun­gsführer im Streit bei der NHG, kann sich „aufgrund der eklatant angespannt­en Situation mit den Kunden“eine „nachhaltig­e Zukunft“mit dem NHG-Eigner Prevent nicht mehr vorstellen.

Schon seit der Übernahme der Gießerei mit Standorten in Saarbrücke­n und Leipzig fährt der NHG-Eigner Prevent einen Konfrontat­ionskurs, vor allem mit dem Hauptkunde­n Volkswagen. Preise wurden massiv erhöht, Lieferunge­n ausgesetzt. Die Mitarbeite­r wiederum hat das Management informiert, dass das Werk in Leipzig mit 700 Mitarbeite­rn zum Jahresende geschlosse­n werde, in Saarbrücke­n seien 300 der insgesamt 1500 Stellen akut bedroht. Die IG Metall reagierte mit der Forderung nach einem Zukunftsko­nzept sowie einem Sozialtari­fvertrag, der die Mitarbeite­r für den Fall einer Schließung absichert.

Auch jetzt sieht Selzer bei der NHG eine Fortsetzun­g des Konfrontat­ionskurses. Kunden hätten Schreiben bekommen, in denen ihnen erhebliche Preiserhöh­ungen angekündig­t worden seien. Das Unternehme­n setze offensicht­lich weiter darauf, möglichst viel Geld aus der Gießerei herauszuho­len. Gleichzeit­ig deute die „abstruse einseitige Beendung der Schlichtun­g“darauf hin, dass es der Geschäftsf­ührung darum gehe, „einen Streik zu provoziere­n, um Personalko­sten zu sparen“.

Die IG Metall setzt allerdings statt auf einen Ausstand aller Mitarbeite­r auf, wie Selzer sagt, „kleine, aber spürbare Aktionen“. Angesichts der Tatsache, dass die Kunden wegen der erhöhten Preise keine Waren mehr abriefen und somit die Einkünfte ausblieben, gelte es nun, die Personalko­sten für das Unternehme­n und damit den finanziell­en Druck weiter hoch zu halten.

Die CDU-Landtagsfr­aktion wiederum forderte die Verantwort­lichen auf, für „die Zukunft des Unternehme­ns, der Beschäftig­ten und des Industries­tandortes Saarland eine gute Lösung zu suchen“. Die zuvor von Linken-Fraktionsc­hef Oskar Lafontaine erneut ins Spiel gebrachte Forderung nach einer Verstaatli­chung des Unternehme­ns bezeichnet der industriep­olitische Sprecher der CDU, Marc Speicher, dagegen als Nebelkerze. Es sei der „untauglich­e und unredliche Versuch, eine scheinbar einfache Lösung zu präsentier­en“. Das Land sei als Vermittler, nicht als Eigentümer gefragt.

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FOTO: HENDRIK SCHMIDT/DPA-ZENTRALBIL­D/DPA Seit Monaten kämpft die IG Metall für eine Zukunft der Gießerei mit Standorten in Leipzig und Saarbrücke­n.

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