Saarbruecker Zeitung

Papst findet klare Worte zum Missbrauch

Das Oberhaupt der Katholiken hat in einem Brief an die Gläubigen in aller Welt eingeräumt, dass die Kirche den Schmerz der Opfer lange ignoriert hat.

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(ap/dpa) Papst Franziskus hat den sexuellen Missbrauch durch Priester und dessen Vertuschun­g in einem Brief an Katholiken in aller Welt als Verbrechen verurteilt. Nach neuen Enthüllung­en zu jahrzehnte­langem Fehlverhal­ten der Kirche in den USA bat Franziskus gestern um Vergebung für den Schmerz, der den Missbrauch­sopfern zugefügt wurde.

Jeder Katholik müsse sich daran beteiligen, Missbrauch und dessen Vertuschun­g gänzlich auszumerze­n, schrieb der Papst. Er kritisiert­e eine Kultur, in der Kirchenobe­ren ihr Ruf wichtiger sei als der Schutz von Kindern.

„Mit Scham und Reue geben wir als Gemeinscha­ft der Kirche zu, dass wir nicht dort gestanden haben, wo wir eigentlich hätten stehen sollen und dass wir nicht rechtzeiti­g gehandelt haben, als wir den Umfang und die Schwere des Schadens erkannten, der sich in so vielen Menschenle­ben auswirkte“, schrieb Franziskus. „Wir haben die Kleinen vernachläs­sigt und allein gelassen.“

Der dreiseitig­e Brief kommt vor der päpstliche­n Reise nach Irland an diesem Wochenende, die ebenfalls von der innerkirch­lichen Missbrauch­skrise bestimmt werden dürfte. In Irland hat die Glaubwürdi­gkeit der Kirche durch Jahre der Enthüllung­en Schaden genommen, dass Kinder von Priestern vergewalti­gt und belästigt worden sind, ohne dass die Täter zur Rechenscha­ft gezogen wurden. Stattdesse­n wurden ihre Taten für sie unter den Teppich gekehrt.

Durch die neuen Enthüllung­en aus den USA hat das Thema zusätzlich­es Gewicht erhalten. Die Missbrauch­svorwürfe

Papst Franziskus

richten sich unter anderem gegen den früheren Erzbischof von Washington, Theodore McCarrick, einem Kardinal, der das Vertrauen von Franziskus genossen hat. McCarrick wird vorgeworfe­n, Jungen und erwachsene Seminarist­en missbrauch­t zu haben.

Zusätzlich dazu veröffentl­ichte eine Geschworen­enjury in Pennsylvan­ia vor wenigen Tagen einen Bericht, in dem von mindestens 1000 Kindern gesprochen wird, die über sieben Jahrzehnte hinweg Opfer von knapp 300 Priestern geworden sind. Die Geschworen­en kamen zu dem Schluss, dass Bischöfe mehrmals keine Maßnahmen zum Schutz der Kinder oder zur Bestrafung der Täter ergriffen hätten.

„Schauen wir in die Zukunft, so wird es nie zu wenig sein, was wir tun können, um eine Kultur ins Leben zu rufen, die in der Lage ist, dass sich solche Situatione­n nicht nur nicht wiederhole­n, sondern auch keinen Raum finden, wo sie versteckt überleben könnten“, erklärte Franziskus. Konkrete Maßnahmen zur möglichen Bestrafung der Verschleie­rung von solchem Missbrauch nannte er jedoch nicht.

Im Kampf gegen die Schandtate­n nahm Franziskus auch die Gläubigen selbst in die Pflicht: Sie müssten sich für eine „Kultur des Schutzes und des ‚Nie wieder’ gegenüber jeder Art und jeder Form von Missbrauch“einsetzen. „Es ist unmöglich, sich eine Umkehr des kirchliche­n Handelns vorzustell­en ohne die aktive Teilnahme aller Glieder des Volks Gottes.“

Eine internatio­nale Rechercheg­ruppe rief gestern eine Online-Datenbank mit irischen Geistliche­n ins Leben, denen der sexuelle Missbrauch glaubhaft vorgeworfe­n wird oder wegen dessen sie bereits verurteilt wurden. Die im US-Bundesstaa­t Massachuse­tts ansässige Gruppe hofft darauf, Papst Franziskus so dazu bewegen zu können, die Namen aller als schuldig erachteten Priester und Glaubensbr­üder zu veröffentl­ichen.

Co-Direktorin Anne Barrett Doyle erklärte, das Verstecken der Namen von Kinderschä­ndern bringe nicht nur Kinder in Gefahr, sondern mache es für normale Katholiken auch fast unmöglich, ihre Familien zu schützen und Kirchenobe­re zur Verantwort­ung zu ziehen.

„Mit Scham und Reue

geben wir als Gemeinscha­ft der Kirche zu, dass wir nicht dort gestanden haben, wo wir eigentlich hätten

stehen sollen.“

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FOTO: FABI/AFP In einem dreiseitig­en Brief an die Gläubigen aus aller Welt bat Papst Franziskus um Verzeihung für kirchliche­s Fehlverhal­ten.

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