Saarbruecker Zeitung

Steuerzahl­erbund rügt Regierung

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BERLIN (dpa) Der Steuerzahl­erbund kritisiert bei der Personalau­fstellung der Bundesregi­erung völlig unnötige Ausgaben auf Kosten der Bürger. Man könne „nur noch mit dem Kopf schütteln“, wenn in den Ministerie­n noch über 200 Jobs geschaffen werden, so Präsident Reiner Holznagel.

Bundeskanz­lerin, Minister und Staatssekr­etäre eingeschlo­ssen verfügt die neue große Koalition über 91 Stellen mit Kabinettsr­ang und Dienstwage­n. Es ist die „GröBaZ“, die größte Bundesregi­erung aller Zeiten. Das Schlimme sind nicht einmal die herausgewo­rfenen Millionen. Das Schlimme ist die Haltung, die dahinterst­eht: „Wieso? Das Geld ist doch da...“So drückte es kürzlich einer der vielen neuen Staatssekr­etäre aus. Selbstbedi­enungsment­alität pur.

„McKinsey kommt“, hieß ein Drama von Rolf Hochhuth, das 2004 in den Hochzeiten des Neoliberal­ismus erschien. McKinsey ist eine Unternehme­nsberatung, die nach der Wende viele Betriebe der DDR und danach auch etliche Westkonzer­ne nach Rationalis­ierungsmög­lichkeiten durchforst­ete und ziemlich fündig wurde. Alles ist in Deutschlan­d seit diesen Jahren auf Effizienz getrimmt: Bahn und Post unterliege­n privater Konkurrenz, ältere Arbeitnehm­er wurden frühverren­tet, jüngere mit Fristvertr­ägen und Minilöhnen abgespeist. In dieser gewinnopti­mierten Ökonomie, die über diverse Spar-Runden auch den öffentlich­en Dienst nicht verschont hat – allenfalls dessen Häuptlinge, nicht die Indianer –, ist die Ministeria­lbürokrati­e so etwas wie eine Insel der Seligen geblieben.

Nur noch vergleichb­ar mit der französisc­hen Staatsbahn SNCF, deren Mitarbeite­r gerade um ihre teils grotesken Privilegie­n streiken. Die Bundesmini­sterien mit ihren rund 30 000 Stellen in Berlin und Bonn sind die SNCF Deutschlan­ds. McKinsey kommt hier nicht, so wenig wie ein Macron. Nur der Steuerzahl­erbund heult gegen den Skandal an wie ein ruheloser Hund gegen den vollen Mond.

Ganze Ämter sind de facto personelle Entsorgung­s- und Reservepar­ks der Parteien, wo die Beamten eine ruhige, wenn auch oft frustriere­nde Kugel schieben. Doppelstru­kturen werden nicht vermieden, sondern im Gegenteil absichtlic­h geschaffen, sei es um Leute zu versorgen, sei es um die Ministerie­n des Koalitions­partners zu kontrollie­ren. Und wenn einer aus politische­n Gründen unbedingt B11-Beamter werden muss (rund 12 000 Euro im Monat) und deshalb Untergeben­e braucht, damit sich diese Besoldung rechtferti­gt, nun, dann werden eben ein paar Referate eingericht­et und Leute eingestell­t. 200 Zusatzstel­len sind es gerade, vor allem für Innenminis­ter Horst Seehofer, die Digitalmin­isterin Dorothee Bär und Finanzmini­ster (!) Olaf Scholz.

Es wird immer entgegenge­halten, Demokratie habe ihren Preis, also auch die politische Führung. Aber darüber reden wir gar nicht. Wir reden über eine seit vielen Jahren andauernde ignorante Abschottun­g dieser Bürokratie gegen jeden Ansatz einer unabhängig­en Organisati­onsreform. Wir reden über Reformboyk­ott. Und wir reden auch über das Fehlen jeglichen sozialen Anstands, der es nämlich erfordern würde, gegenüber dem hart schuftende­n Steuerzahl­er alle Stellen gut begründen zu können. Das können sie nicht, und deshalb tun sie der Demokratie auch keinen Gefallen.

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