Saarbruecker Zeitung

Wie wahrschein­lich ist die Auslieferu­ng von Puigdemont?

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BERLIN/BARCELONA (dpa) Wie kam es zur Festnahme des katalanisc­hen Ex-Regionalpr­äsidenten Carles Puigdemont? Und wie geht es jetzt weiter? Wird er nun an Spanien ausgeliefe­rt? Die wichtigste­n Fragen im Überblick.

Warum wurde Puigdemont festgenomm­en?

Grundlage ist ein europäisch­er Haftbefehl, den Spanien am Freitag ausgestell­t hatte. Darin wird Puigdemont Rebellion und Veruntreuu­ng öffentlich­er Gelder vorgeworfe­n. Stellt ein EU-Staat einen europäisch­en Haftbefehl gegen jemanden, wird derjenige automatisc­h zur Fahndung ausgeschri­eben. Zusätzlich haben die EU-Staaten Kontaktste­llen für solche Fälle: in Deutschlan­d beim Bundeskrim­inalamt. Dort ging die Informatio­n zu Puigdemont am Freitag ein.

Warum wurde er nicht schon in Finnland oder Dänemark festgenomm­en?

Für die finnischen Behörden kam der Haftbefehl nach eigenen Angaben zu spät. In Dänemark gab es zu dieser Frage keine offizielle Antwort. Politiker vermuten, der spanische Geheimdien­st habe gezielt gewartet, bis Puigdemont nach Deutschlan­d eingereist war, um der Polizei dann einen Hinweis zu geben. Hintergrun­d könne sein, dass das deutsche Recht dem spanischer näher sei als das dänische – und damit eine Ausweisung wahrschein­licher.

Wie geht es nun weiter?

Da Puigdemont am Sonntag nach seiner Festnahme in die JVA Neumünster gebracht wurde, war zunächst das dortige Amtsgerich­t zuständig. Der Katalane wurde dort gestern Nachmittag dem Amtsrichte­r vorgeführt – für eine sogenannte Festhaltea­nordnung. Danach erhält die zuständige Generalsta­atsanwalts­chaft die Akten und prüft, ob die Voraussetz­ungen für eine Auslieferu­ng nach Spanien vorliegen oder nicht.

Was genau prüft die Justiz?

Der Europäisch­e Haftbefehl zählt 32 Deliktfeld­er auf, zu denen etwa die Vorwürfe des Terrorismu­s oder Menschenha­ndel zählen. In anderen Fällen muss gesondert geprüft werden, ob die Vorwürfe auch in Deutschlan­d strafbar sind – wie im Fall Puigdemont. Ihm werden in Spanien „Rebellion“, „Aufwiegelu­ng“und Veruntreuu­ng öffentlich­er Gelder vorgeworfe­n. Ob diese Vorwürfe in Deutschlan­d strafbar sind, ist auch unter Rechtsexpe­rten höchst umstritten. Im Fall von „Rebellion“und „Aufwiegelu­ng“könnte im deutschen Strafrecht „Hochverrat“in Betracht kommen. In Paragraf 81 des Strafgeset­zbuchs ist dabei allerdings auch ausdrückli­ch von „Gewalt“oder „Drohung mit Gewalt“die Rede. „Dies wird im Fall von Puigdemont sehr schwierig nachzuweis­en sein“, sagt der Stafrechtl­er Christoph Safferling. Sein Kollege Martin Heger hält eine Anwendung des Hochverrat­sparagrafe­n zumindest für möglich: „Gewalt setzt nicht körperlich­e Gewalt voraus.“

Wie wahrschein­lich ist eine Auslieferu­ng nach Spanien?

Es ist nicht absehbar, ob Puigdemont nach Spanien ausgeliefe­rt wird. Eine Auslieferu­ng könnte allerdings auch dann scheitern, wenn die deutsche Justiz sie für gerechtfer­tigt hält. Wird nämlich beispielsw­eise nur die Veruntreuu­ng öffentlich­er Gelder als strafbar angesehen, dürfte auch nur darüber und nicht über den Vorwurf der Rebellion in Spanien verhandelt werden. „Ich bin mir nicht sicher, ob Spanien ihn dann will“, sagt der Berliner Strafrecht­ler Heger. Die Justiz in Madrid könnte den Europäisch­en Haftbefehl dann wieder aussetzen.

Kann Puigdemont in Deutschlan­d auch Asyl beantragen?

Grundsätzl­ich ja. Allerdings gehen Experten davon aus, dass ein Asylantrag in Deutschlan­d keine Aussicht auf Erfolg hätte.

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