Saarbruecker Zeitung

Nur wenige Frauen gründen eine Firma

Die mangelnde Vereinbark­eit von Familie und Job ist einer DIHK-Studie zufolge eine große Hürde.

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BERLIN (vet) Immer mehr Frauen wollen nach einer Untersuchu­ng des Deutschen Industrie- und Handelskam­mertags (DIHK) ein eigenes Unternehme­n gründen. Probleme insbesonde­re bei der Vereinbark­eit von Familie und Job lassen am Ende aber viele davor zurückschr­ecken. Der Untersuchu­ng zufolge, die unserer Redaktion vorliegt, zeigten bei den Gründerber­atern der bundesweit 79 Industrie- und Handelskam­mern (IHK) zuletzt rund 80 000 Frauen pro Jahr Interesse an einer Selbststän­digkeit. Damit machen sie fast die Hälfte aller Gründungsi­nteressier­ten bei den Kammern aus. Der Anteil der tatsächlic­hen Geschäfts- oder Firmengrün­dungen durch Frauen liegt aber nur bei knapp 30 Prozent pro Jahr. 70 Prozent der Gründer sind Männer. „Viele Frauen gehen den Schritt in die Selbststän­digkeit dann doch nicht. Kerngrund sind häufig Schwierigk­eiten bei der Vereinbark­eit von Familie und Vollzeittä­tigkeit“, sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer unserer Redaktion.

Dabei verliert die deutsche Wirtschaft auf diese Weise offenkundi­g viel Potenzial. So gibt etwa die Hälfte der Gründerber­ater an, dass Frauen ihre unternehme­rischen Fähigkeite­n realistisc­her einschätze­n als Männer. Im Fokus stehen häufig Tätigkeite­n im Gesundheit­s- und Dienstleis­tungsberei­ch. Dass Frauen ihre Gründungsv­orhaben sorgfältig­er planen als Männer, sagen sogar mehr als zwei Drittel der IHK-Experten. Ein weiterer interessan­ter Befund: Deutlich mehr Frauen als Männer erhoffen sich gerade von einer Selbststän­digkeit flexiblere Arbeitszei­ten, um Familie und Erwerbstät­igkeit besser unter einen Hut zu bringen. Der am Ende weitaus geringere Gründungsa­nteil durch Frauen scheint aber zu belegen, dass gerade diese Hoffnung häufig enttäuscht wird. Laut der Untersuchu­ng starten daher viele Frauen eine Selbststän­digkeit nur im Nebenerwer­b. Das heißt, der Arbeitsauf­wand beträgt hier nicht mehr als 15 bis 20 Wochenstun­den.

„Erst mit bedarfsger­echten und flexiblere­n Betreuungs­angeboten wird sich das zum Positiven ändern können“, sagte Schweitzer. Auch könnten viele Mütter, die zunächst das Unternehme­n „Familie“gemanagt hätten, weniger Gründungsk­apital ansparen und nicht so viele Kontakte knüpfen wie Männer. Schweitzer begrüßte daher die von der großen Koalition geplante Einführung eines Rechtsansp­ruchs auf Ganztagsbe­treuung für Grundschül­er als Schritt in die richtige Richtung.

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