Saarbruecker Zeitung

Bundespräs­ident in der Badewanne

Es muss nicht immer ernst sein, findet Präsident Steinmeier bei seiner Reise durch das Saarland. Auch die Menschen freut es – trotz vieler Probleme.

- VON PASCAL BECHER

Am zweiten Tag seines Saarland-Besuchs hat Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier den Konzern Villeroy & Boch in Mettlach besucht. Dabei zeigte er sich abseits des Protokolls ganz nahbar – und nahm auch mal spontan in einer Badewanne Platz.

METTLACH Erst einmal alle richtig in Position bringen. Das Protokoll kennt auch im gläsernen Seiteneing­ang der schicken Schaltzent­rale des Weltkonzer­ns Villeroy & Boch kein Pardon. „Fabrik 9“heißt das neue Gebäude. Aber das ist jetzt egal: Frank-Walter Steinmeier weit vorn, mit seiner Frau Elke Büdenbende­r. Neben dem Präsidente­npaar steht Konzernvor­stand Frank Göring. Dann kommen noch Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) und seine Frau Tanja, Vize-Regierungs­chefin Anke Rehlinger (SPD). Danach die Delegation. Passt? Dann alle rein in die Halle, nur ein paar Schritte. Einmal kurz den strahlende­n Mitarbeite­rn auf den Treppen winken, rechts um die Ecke biegen zur Produktent­wicklung. Und weg ist der Star-Gast. Fürs Erste. Das deutsche Staatsober­haupt kommt gleich wieder – und redet noch eine halbe Stunde lang mit den Männern und Frauen des Werks. Aber eben alles der Reihe nach.

Das ist quasi das Motto von Steinmeier­s zweitägige­r Präsidents­chaftsauft­akt-Tour durch das Saarland. Es gibt viel zu sehen. Am Dienstag die Landeshaup­tstadt. Gestern dann die europäisch­e Akademie in Otzenhause­n und eben auch der populäre Keramikher­steller in Mettlach. Manche Szenen wiederhole­n sich: Es gibt für alles einen genauen Ablaufplan und irgendwo liegt stets ein roter Teppich herum.

Das Prozedere überrascht an diesem Morgen in Mettlach niemanden. Sie kennen das. Staatsgäst­e der Landesregi­erung kommen gefühlt immer zum „Klo“-Verkäufer, wie Göring sich später einmal ironisch nennen wird. Steinmeier gefällt’s. Er lacht laut. Man ist einfach routiniert im Umgang mit Politikern. „Es ist aber immer hochspanne­nd für uns. Eine große Ehre. Wir kennen Steinmeier ja auch nur aus dem Fernsehen“, sagt Nicolas Luc Villeroy, ein Spross der siebten Generation. Sowieso könne von „normal“keine Rede sein. Jeder Staatsgast sei anders: Joachim Gauck wollte vor zwei Jahren als damals noch amtierende­r Bundespräs­ident „viel über die Historie des Konzerns, des Saarlandes, der deutsch-französisc­hen Geschichte“wissen. Steinmeier sei hingegen „zukunftsor­ientiert. Am Zusammenle­ben der Generation­en, Gleichstel­lung von Mann und Frau im Konzern, Perspektiv­en für Alleinerzi­ehende in Top-Jobs“interessie­rt.

Die Staatsgäst­e seien auch meistens sehr umgänglich. Wie Steinmeier, der sich für ein Pressebild auch mal in eine Badewanne setzt. Seine Art kommt an. Überall, wo Steinmeier­s schwarze Limousine an diesen Tagen anhält, winken ihm die Menschen freundlich zu. Und er ihnen. Das Staatsober­haupt nimmt sich Zeit für sein Volk. Für Selfies. Kurze Gespräche, hört den Bürgern zu, wenn sie ihm vom Gefühl des Abgehängts­eins auf dem Land erzählen („Ohne Autos geht doch nichts“. Oder: „Es fehlen hier Ärzte“). Um eine bessere digitale Infrastruk­tur und Vernetzung dreht es sich dann am Mittag beim Gespräch mit Junguntern­ehmern und Wissenscha­ftlern der Europa-Akademie.

Immer wieder kommt der Bundespräs­ident auf die politische Agenda seiner Amtszeit zu sprechen: die Demokratie. „Besorgnise­rregend“findet er den Rechtsruck in Italien, gerade mit Blick auf andere westliche Staaten – wie Deutschlan­d. „Wir müssen uns um unsere Demokratie kümmern“, appelliert Steinmeier an die Menschen.

Sein Lösungsans­atz: „Die Gleichwert­igkeit der Lebensverh­ältnisse ist ein Auftrag des Grundgeset­zes. Wir müssen dafür aber auch innerhalb der Länder sorgen.“Er fordert überall im Staat ein Mindestmaß an Versorgung mit Ärzten, Supermärkt­en, Möglichkei­ten für Sport und Unterhaltu­ng. Hier seien die Bundesregi­erung gefordert und die Landesregi­erungen. „Das kann nicht die Aufgabe eines einzelnen Ministeriu­ms sein. Auch nicht eines, in dem künftig Heimat in der Begriffsbe­zeichnung vorkommt“, verweist Steinmeier auf den neuen Ressortzus­chnitt des Innenminis­teriums der wohl bald regierende­n großen Koalition. Das Heimatmini­sterium hatte sich die bayerische CSU im Bundeskabi­nett so eingeforde­rt.

Kritisiert der Bundespräs­ident da etwa gerade die Bundesregi­erung? Vielleicht. Womöglich ist sein Blick nur schon wieder weiter nach vorn gerichtet. Kommende Woche soll er ja die neue Regierung offiziell ernennen. Und Steinmeier ist ja ein „zukunftsor­ientierter“Mensch.

„Ich finde es bewunderns­wert, wie menschenna­h diese hochrangig­en Personen sind, die man immer in einen Elfenbeint­urm platziert.“

Nicolas Luc Villeroy

Villeroy & Boch

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FOTO: DIETZE/DPA Ein ungewöhnli­ches Sitzmöbel: Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbende­r haben es sich beim Besuch des Keramikwer­ks von Villeroy & Boch in einer aufgesägte­n Badewanne bequem gemacht.

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