Eine Klasse voller kleiner Talente
Kleinwagen mit Benzinmotor verzeichnen unbeeindruckt von der Dieseldiskussion Verkaufszuwächse. Nicht zuletzt ist das neuen Modellen zu verdanken. Wir haben den Kia Rio mit dem Ford Fiesta und dem Seat Ibiza verglichen.
SAARBRÜCKEN Der Kia Rio 1.0 TGDI, noch recht frisch auf dem Markt, trifft auf den Ford Fiesta, der Mitte vergangenen Jahres komplett erneuert wurde und in dieser Gegenüberstellung mit dem 1.0 Ecoboost motorisiert ist, sowie auf den Seat Ibiza mit 1.0 Eco TSI. Alle drei setzen auf Dreizylinder-TurboBenzinmotoren.
Kia macht mit seinen jüngsten Schöpfungen einen Sprung nach vorn, so auch mit dem Rio, da sind sich nicht nur die Fachleute einig, sondern auch die Käufer. Jetzt fragt man sich, ob die Gegner mit den ganz neuen Modellen Fiesta und Ibiza dagegen halten oder Kia sogar überholen können.
Der Kia Rio
Der Rio ist wie seine Kontrahenten im Test mit einem aufgeladenen 1,0-Liter-Dreizylinder ausgerüstet. Er leistet 100 PS/74 kW und 172 Newtonmeter Drehmoment (Ibiza: 95 PS, Fiesta: 100 PS). Der koreanische Kleinwagen beschleunigt in 10,7 Sekunden von Null auf Hundert und läuft in der Spitze 186 km/h. Im Sprint liegt er somit knapp vor dem Fiesta (11,5 Sekunden) und gleichauf mit dem Ibiza. In der Höchstgeschwindigkeit sind die Unterschiede marginal.
An Sprit konsumiert der Kia Rio laut Norm 4,5 Liter Super, womit er mit geringem Abstand die mittlere Position der Testkandidaten belegt. In der Praxis waren es 6,3 Liter auf 100 Kilometer, bei sehr zurückhaltender Fahrweise ein Liter weniger.
Der Rio, mit 4,07 Metern um eine Haaresbreite der Längste des Trios, erweist sich im Alltag als erstaunlich agil, sogar mit einem Spritzer Sportlichkeit. Vor allem bei schnellen Richtungswechseln ist er in seinem Element, lässt sich präzise lenken, und auch die Bremsen packen anständig zu. Im Gesamteindruck schneidet der Kia richtig gut ab, wirkt etwas solider als der Ford und zeigt kaum Schwächen.
Okay, bei Rangiermanövern würde sich mancher über einen kleineren Wendekreis (11,3 Meter) freuen. Und für den Fahrkomfort sind die 17-Zoll-Räder, mit denen er im Test ausgerüstet war, nicht ideal. So vermag er beladen Unebenheiten nicht so gut wegzustecken, wie es Fiesta und Ibiza tun.
Zu stärkeren Abrollgeräuschen tragen die breiten Reifen bei. Das fällt wohl eher auf, weil der Dreizylinder-Motor akustisch kaum wahrnehmbar arbeitet.
Innen bietet der Rio auf allen Sitzen genug Platz. Mit der Bedienung findet sich der Fahrer sofort zurecht, die Instrumente sind klar ablesbar. Auch Tasten und Drehknöpfe, darunter die beiden am sieben Zoll großen, scharfen Touchscreen, sind stimmig angeordnet. Die Armaturentafel vermittelt einen gediegenen Eindruck, zumal für dieses Segment. Es gibt auch genug Staufächer. Ins Gepäckabteil passen 325 Liter bis 980 Liter, das ist mehr als im Ford Fiesta (292 bis 1093 Liter) und weniger als beim Ford Fiesta 1.0 Ecoboost Preis: 15 100 Euro
Länge: 4,04 Meter
Breite: 1,74 Meter
Höhe: 1,48 Meter
Gepäckraum: 292 – 1093 Liter Motor: Dreizylinder-Benziner Leistung: 100 PS/74 kW Normverbrauch: 4,3 Liter Super Testverbrauch: 5,9 Liter Super
Seat Ibiza (355 bis 1165 Liter).
Nicht zuletzt bei der serienmäßigen Ausstattung und bei der Sieben-Jahres-Garantie kann der Rio punkten. In der von uns gefahrenen Stufe Spirit für 18 590 Euro sind zum Beispiel neben beheizbaren Sitzen Rückfahrkamera und CityNotbremsassistent an Bord. Und fast feudal, weil sonst nur für die gehobenen Fahrzeugklassen zu bekommen: Das Lenkrad wärmt an kalten Tagen die Hände. Der Ford Fiesta
Deutlich reifer präsentiert sich auch der Ford Fiesta in seiner neuesten Auflage. Erwachsener ist er außerdem in seinen Abmessungen. In der Länge sind es sieben Zentimeter mehr gegenüber seinem Vorgänger. Dadurch wächst vor allem das Platzangebot im Fond. Die Heckpartie ist kantiger und auch übersichtlicher gezeichnet, aber der Kofferraum fällt im Verhältnis zu seinen Gegnern noch immer bescheiden aus.
Das Cockpit ist nicht wiederzuerkennen: wertiger, übersichtlicher, solider. Optisch fällt das Infotainment-System Sync3 (für 450 Euro) mit Acht-Zoll-Touchscreen ins Auge. Zu den Vorzügen zählen scharfe Abbildungen, einfache Smartphone-Anbindung, funktionierende Sprachsteuerung und Notrufassistent. Viele Wünsche können bei den Fahrerassistenten erfüllt werden, darunter der Tote-WinkelWarner und Notbrems-Assistent. Selbst das eigenständige Ein- und Ausparken geht. Serienmäßig ist zum Beispiel immer die aktive Spurhaltung, zudem Parkpiepser und Rückfahrkamera wie bei den beiden Wettbewerbern.
Der Dreizylinder macht seine Sache gut, insbesondere hinsichtlich Laufkultur und günstiger Verbrauchswerte. Knapp sechs Liter Super waren es im Test. Als Einziger im Trio verfügt der Fiesta über ein Sechsganggetriebe (sonst: Fünfgang), das lang übersetzt ist. Das ist wohl auch der Grund dafür, dass er im Durchzug etwas müde wirkt und deshalb über das präzise Getriebe häufiger geschaltet werden muss.
Mehr Dynamik als der 1,0-LiterEcoboost-Motor, den es alternativ mit 125 und 140 PS gibt, vermittelt das bestens abgestimmte Fahrwerk. Praktisch alle üblichen Straßenschäden filtert es gekonnt weg und verschont die Insassen vor Belästigungen. Vom Sänftencharakter ist der Fiesta allerdings weit entfernt. Den Komfort erkauft sich der Kleinwagen aus Köln nicht mit zu weicher Abstimmung. Tatsächlich steckt in ihm ein Kurvenkünstler mit präziser und direkt reagierender Lenkung. Auch Spurwechselund Bremsprüfungen können ihm nichts anhaben. Für den Fiesta 1.0 Ecoboost mit 100 PS verlangt Ford in der gut ausgestatteten TitaniumAusführung 18 950 Euro.
Der Seat Ibiza
Bei allen Qualitäten von Fiesta und Rio in manchen Disziplinen ist der Ibiza der ausgewogenste des Trios. Bei Agilität und Fahrspaß steht er mit dem Fiesta auf einer Stufe. Der Dreizylinder mit 95 PS/70 kW hat fünf PS weniger als die Konkurrenz, ist aber im Drehmoment der Beste: 175 Nm, Rio: 172 Nm, Fiesta: 170 Nm, alle bei 1500 U/min. Er zieht ordentlich durch und ist sparsam, speziell im Fahralltag mit 6,2 Litern Testverbrauch auf 100 Kilometer. Er arbeitet leise, nur bei vollem Leistungsabruf etwas kernig. Die Schaltung ist ebenfalls tadellos. Lob verdient das insgesamt niedrige Geräuschniveau des Autos.
Zu den weiteren Pluspunkten gehören die gut geformten Sitze, aber auch das Platzangebot, besonders im Fond, und der im Vergleich größte Gepäckraum (355 bis 1165 Liter). Man ahnt es schon: Das alles sind Vorteile, die der sogenannte modulare Querbaukasten MQB A0 des VW-Konzerns bietet, auf dem auch der neue Polo basiert.
Richtig gut sind Fahrwerk und Lenkung. Geschmeidig steckt der Ibiza alle Unebenheiten weg. Besser kann man einen Kleinwagen kaum abstimmen. Kurven durcheilt er nicht nur schnell, sondern auch komfortabel und sicher. Zum guten Gesamteindruck trägt nicht zuletzt die feinfühlige Lenkung bei. Mit nur wenig mehr als 1100 Kilogramm Leergewicht ist er auch der leichteste im Trio.
Das übersichtliche Cockpit wird geprägt vom 8,5 Zoll großen Touchscreen. Da und dort könnte das Material hochwertiger sein. Aber das muss man in Relation zum günstigen Preis sehen. Seat verlangt für den Ibiza 1.0 Eco TSI Style günstige 17 190 Euro, in der besseren Ausstattung Xcellence 18 790 Euro. Die üblichen Assistenzsysteme sind beim Ibiza immer an Bord, darunter die aktive Notbremse. Und als Einziger im Trio hat er VollLED-Scheinwerfer zu bieten, zudem auf Wunsch einen adaptiven Tempomaten.