Nötig sind mehr Demokratie und andere Gymnasien
Das Scheitern des Volksbegehrens zur Wiedereinführung des Abiturs in neun Jahren an Gymnasien hält der CDU/SPD-Landesregierung den Spiegel vor. Darin können sich die beiden großen Volksparteien als die eigentlichen Verlierer sehen. Denn an dem couragierten Bemühen der Eltern-Initiative „G 9-jetzt!“hat es nicht gelegen, dass sich der in repräsentativen Umfragen geäußerte Wille von etwa drei Vierteln der Saarländer nicht im Ergebnis wiederfand. Es waren auch die Gesetzes-Knüppel, die von Seiten der Landesregierung den Initiatoren des Volksbegehrens zwischen die Beine geworfen wurden, die verhinderten, dass am Ende sieben Prozent der Wahlberechtigten ihre Unterstützung für das Anliegen bekannten.
Denn das Abstimmungsverfahren ist derart von gestern, dass es nicht mehr in eine moderne Demokratie passt. Wenn die Bürger zu bestimmten „Dienstzeiten“der Ämter in ihre Rathäuser gehen müssen, um abzustimmen, ist den meisten der Aufwand offensichtlich viel zu hoch. Extra nach Feierabend oder in der Mittagspause von der Arbeit sich zu den Rathäusern aufmachen, einen Parkplatz suchen und teuer bezahlen – nein, das ist kein Verfahren, mit dem sich das Wahlvolk im Jahre 2017 anfreunden kann. Warum können die Saarländer nicht online abstimmen? Diese Möglichkeit hätte mit Sicherheit eine weitaus größere Resonanz gefunden. Die Landesregierung ist zu Recht stolz auf den IT-Sicherheits-Papst Professor Michael Backes im Cispa/Helmholtz-Zentrum an der Saar-Uni. Backes kann mit seinem Team ein absolut sicheres Abstimmungsverfahren fürs Internet erarbeiten, das einer modernen Demokratie würdig ist.
Dabei ist die Frage nach G 8 oder G 9 im Grunde auch bereits Schnee von gestern. Denn die Kernfrage bei den Schülern und Eltern lautet heute nicht mehr, ob der gleiche Stoff auf ein Jahr länger verteilt wird. Damit ist das Gymnasium immer noch die gleiche Schule wie im 19. Jahrhundert: von 8 Uhr bis 13.20 Uhr. Und danach werden die Schüler mit einem
Berg Hausaufgaben nach Hause entlassen. In ein Zuhause, wo die meistern Eltern erst viel später von der Arbeit zurückkommen. Und dann gibt es Stress bis in die Abendstunden, mit den Hausaufgaben, den Klausurvorbereitungen, den teuren Nachhilfestunden. Nein, wer G 9 will, muss weiter denken und ein Ganztags-Gymnasium fordern, das bis 16 Uhr geht und bei dem die Hausaufgaben überflüssig werden, da sie bereits in der Schule geleistet worden sind. Das Lernen kann sich an einem Ganztag mit Frei- und Team-Arbeit viel besser gestalten. Allerdings müssten die Lehrer dann auch länger arbeiten.
Der CDU/SPD-Landesregierung ist es jetzt selbst überlassen, ob sie den liegen gebliebenen Ball der Eltern-Initiative „G 9-jetzt!“aufnimmt und zum Vorteil der Schüler und Eltern verwertet. Wenn sie es tut, wird ihr breite Zustimmung sicher sein. Ob diese Landesregierung zur Modernisierung des Volksabstimmungsgesetzes bereit ist, muss dagegen leider bezweifelt werden.