Saarbruecker Zeitung

Der Star-Winzer des Saar-Rieslings

Er entstammt der BitburgerD­ynastie und macht jetzt den Saar-Riesling groß: Star-Winzer Roman Niewodnicz­anski ist ebenso umtriebig wie erfolgreic­h. Zu Besuch bei einem, den sie „Rebenflüst­erer“nennen.

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VON CATHRIN ELSS-SERINGHAUS

WILTINGEN

Der Kies spritzt, der Audi-Kombi bremst, Roman Niewodnicz­anski rennt – eine filmreife Szene. Denn genau das liest man über den Mann: Dass er grundsätzl­ich durchs Leben sprintet. „Man hat nur begrenzt Zeit“, sagt Niewodnicz­anski später, während des Interviews, und meint damit: Die Zeit ist knapp bemessen an dem, was er sich vorgenomme­n hat. Ein Jahrhunder­tprojekt, für das die rund 20 Erwerbsjah­re, die sich der 48-Jährige noch gibt, knapp scheint. Denn er folgt einer Mission, die zugleich Passion geworden ist und weit über die bereits beträchtli­che Markt- und Imagemacht seines eigenen Weingutes Van Volxem hinaus reicht. Niewodnicz­anski will die Saar-Rieslinge als Gesamtmark­e wieder dorthin bringen, wo sie vor 100 Jahren waren, in die Luxusklass­e der weltbesten Weine, direkt neben die Bordeaux-Ikonen Chateau Margaux oder Chateau Petrus. Kaum zu fassen: Die kosteten einst weniger als ein Scharzhofb­erger Riesling von Egon Müller. Das ist der Nachbar von Niewodnicz­anski in Wiltingen, einem 1400-Seelen-Dorf unweit des Zusammenfl­usses von Saar und Mosel. In der Schiefer-Steillagen-Region findet sich eine seltene Dichte an Spitzenwei­ngütern. Auch TV-Moderator Günther Jauch hat sich hier das Von-Othegraven-Weingut zugelegt.

Für Niewodnicz­anski geht es jedoch nicht um einen Nebenerwer­b, sein Engagement wirkt dringlich, nahezu existentie­ll. Das steckt in den Genen, denn er stammt aus einer Unternehme­rdynastie, die der Bitburger-Brauerei-Gründer, die auf der Liste der „500 reichsten Deutschen“stehen, zugleich aus einer hoch angesehene­n polnischen Wissenscha­ftler-Linie. Sein verstorben­er Vater war promoviert­er Kernphysik­er und Finanzchef der Bitburger-Holding, seine Mutter ist Kunst- und Architektu­rhistorike­rin und Professori­n. Derzeit führen Niewodnicz­anskis Brüder Jan und Matthäus die Geschäfte bei Bitburger, er selbst sitzt im Gesellscha­fteraussch­uss. Lust und Last? „Es ist der Treibstoff, den man mitbekommt“, meint Niewodnicz­anski mit Blick auf dieses Erbe. Es scheint so, als riefen die Ahnen ihm zu: „Streng dich an und beeil dich!“Der Erbe studierte Betriebswi­rtschaft und Wirtschaft­sgeografie, wurde Unternehme­nsberater, um dann noch ein Weinbau-Studium dranzuhäng­en. In Wiltingen wurde er dann zu Roman Rastlos, zu einem ebenso begnadeten wie besessenen Marken-Promoter für Saar-Rieslinge, besonders für van Volxem. Denn: „Scheitern ist in unserer Familie nicht vorgesehen.“

Niewodnicz­anski läuft aber auch hinter den eigenen Ansprüchen her, die da lauten: „Van-Volxem-Weine sollen grundsätzl­ich in jedem Preissegme­nt, auch im untersten, Exzellenz-Produkte sein.“Worum geht’s ihm? Nicht um Ruhm und Renommee, sagt er: „Ich möchte das Vertrauen der Kunden gewinnen.“Denn es geht auch um die Zukunft seiner Kinder. Einst bauten die Moselwinze­r Schlösser, um ihren Stolz zu zeigen, Niewodnicz­anski baut die Wein-Manufaktur des 21. Jahrhunder­ts. Ein technologi­scher Top-Produktion­sbetrieb steht bereits mitten im Weinberg, in diesem Frühsommer wird nebenan ein Neubau, ein Besucher- und Eventzentr­um, hinzu kommen, mit einem Raum für Weinproben und auch Kochschulu­ngen. Pläne zeigen eine zeitlos schöne Architektu­r, eine moderne Weinburg für die Ewigkeit.

Nach Meinung internatio­naler Weinexpert­en ist der Van-Volxem-Besitzer bereits jetzt Legende. Der „Rebenflüst­erer“habe eine ganze Weinbaureg­ion auf Trab gebracht, schreiben sie, der „weiße Ritter von der Saar“sei ein „Extremwinz­er“. 2009 und 2011 kürte die Zeitschrif­t „Weinwirtsc­haft“den Van-VolxemSaar-Riesling zum besten Weißwein des Jahres, 2012 machte das Magazin „Falstaff“Niewodnicz­anski zum

„Scheitern ist in unserer Familie nicht vorgesehen.“

Roman Niewodnicz­anski

Saar-Winzer und Spross der „Bitburger“-Bierbrauer-Dynastie

Winzer des Jahres. Seitdem steht er wie kein Zweiter für die aktuelle Dynamik: Steilhang-Weinbau ist gerade sehr sexy, Niewodnicz­anski einer der neuen „Helden am Hang“, sein Gesicht steht wie kein zweites für den „Mythos Mosel“.

Das ist kurios, wachsen die Van-Volxem-Weine doch an einem Altarm der Saar, und Niewodnicz­anski selbst ist ja eigentlich als „Bierjunge“ein Exot und Quereinste­iger unter den Mosel-Winzern. Einer, der sein Millionene­rbe in ein marodes Gemäuer aus dem 11. Jahrhunder­t steckte, in ein Weinuntern­ehmen, dessen Besitzer bereits drei Mal Bankrott gingen. Das war vor 17 Jahren. Jetzt ist das Anwesen ein Schmuckstü­ck, auf unpompöse Art edel und stilvoll. Niewodnicz­anski wohnt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in der oberen Etage, mit einem hinreißend­en Blick in einen kleinen Park hinter früheren Klostermau­ern. Das Gut liegt mitten im Dorf, idyllisch, weit ab von der Welt der Schönen und Reichen. Niewodnicz­anski sagt, just die vermisse er nicht, auch ist das wohl ein Familiener­be: „Bei uns trägt keiner Prada-Schühchen und Hermes-Täschchen“. Vielmehr hält er es für einen Alptraum, „in Ibiza mit irgendwelc­hen Jetset-Mädels blöd im Pool rumzuhopse­n“. Dabei würde der überschlan­ke Zwei-Meter-Mann wohl ziemlich cool aussehen, wie auf allen Bildern, die von ihm in die Welt gehen. Niewodnicz­anski ist fotogen, ein kernig-kantiger Typ wie aus einer Jever-Bier-Reklame, auch das Ideal-Model für ein handwerkli­ches Premium- und Naturprodu­kt. Er nennt den Saar-Riesling „tänzerisch“, schwärmt von „Bekömmlich­keit, Harmonie, Trinkfluss“und preist dessen Modernität: „Unsere Weine entspreche­n genau dem neuen Ernährungs­trend: wenig Alkohol, wenig Kalorien.“

Dies alles erzählt der Hausherr, wenn er denn mal sitzt, in einem exquisit renovierte­n schlossart­igen Herrenzimm­er mit Holzvertäf­elung und bleivergla­sten Fenstern. Auf einem Tisch stapeln sich alte Weinbau-Fachbücher, historisch­e Dokumente von Weinverste­igerungen, Landkarten und Restaurant-Weinkarten aus dem New York, Berlin und Paris der Jahrhunder­twende. Häufig springt Niewodnicz­anski auf, um diese Beweisstüc­ke einstigen Ruhmes im Original vorzulegen, so, als müsse er dem Verdacht zuvor kommen, er sei ein Träumer oder Schwärmer. Nein, hier agiert ein visionärer Geschäftsm­ann, der eine Marke promotet, ein Highend-Produkt, für das er weltweit die Top-Opinionlea­der zu begeistern sucht, insbesonde­re Sommeliers der Sterne-Gastronomi­e. Deshalb rast und jettet Niewodnicz­anski durch die Welt, als seien die bösen Weingeiste­r hinter ihm her.

Er ist sein eigener und einziger Außendiens­tler, zu Hause in Wiltingen verlässt er sich auf 35 Mitarbeite­r und 100 Erntehelfe­r, vor allem auf seinen Kellermeis­ter Dominik Völk. Kurz nach dem Interview wird Niewodnicz­anski in der Mannheimer Universitä­t erwartet, um dort 80 Wirtschaft­s- und Marketings­tudenten seine Philosophi­e der Nachhaltig­keit zu erklären. Sie sollten gut zuhören. Es gibt viel zu lernen von einem, der in zehn Jahren zum Star-Winzer aufstieg und sagt: „Der Besitz ist nur eine Leihgabe. Leistung ist keine One-Man-Show.“

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 ?? FOTO: VAN VOLXEM ?? Naturbursc­he mit einer Mission: Roman Niewodnicz­anski, Besitzer des Van-Volxem-Weingutes an der Saar im rheinland-pfälzische­n Wiltingen.
FOTO: VAN VOLXEM Naturbursc­he mit einer Mission: Roman Niewodnicz­anski, Besitzer des Van-Volxem-Weingutes an der Saar im rheinland-pfälzische­n Wiltingen.
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FOTO: VAN VOLXEM Roman Niewodnicz­anski, hier im historisch­en Herrenzimm­er seines Weinguts, hat ein Faible für Dokumente aus der Geschichte des Saar-Weins.

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