Saarbruecker Zeitung

Saarländis­cher Häuslebaue­r in Bolivien

Bergmann Clemens Maurer brachte die hiesige Bergarbeit­er-Wohnkultur als Kardinal zu den Indios.

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Die Indios arbeiteten in Bolivien als Zwangsarbe­iter in den Plantagen und Silbermine­n der Nachkommen der spanischen Eroberer, bezahlten für Schutz und Nahrung mit ihrer Arbeit. Maurer teilte mit ihnen ihre Hütten samt Ungeziefer, reiste mit dem Maulesel durch ein Land, das dreimal so groß war wie die Bundesrepu­blik und nur drei Millionen Einwohner hatte. Maurer hatte im Saarland gelernt, dass nicht materielle Armut allein Familien belastet und entwurzelt. Er wusste: Ein solides eigenes Dach über dem Kopf vermittelt insbesonde­re Kindern Sicherheit, denn es steht für Schutz und familiäre Kontinuitä­t. Vor allem erzieht Besitz auch dazu, ihn Wert zu schätzen und zu pflegen. Vor allem, wenn Eigenleist­ung und eigenes Geld investiert werden.

Im Alter von 26 Jahren kam Maurer als Pater des Redemptori­stenordens erstmals in den Andenstaat, stieg in der kirchliche­n Hierarchie auf, wurde 1950 Weihbischo­f von La Paz, 1951 Erzbischof von Sucre und 1967 Kardinal, der an zwei Papstwahle­n teilnehmen durfte.

1971 gründete er das heute noch bestehende Siedlungsw­erk „Fundacíon Cardenal Maurer“, doch schon zuvor hatte Maurer sich für den Bau von Wohnungen für kinderreic­he Familien eingesetzt. Das erstaunt nicht, denn bei einem Kirchenman­n lassen sich Herz und Hilfe für die Ärmsten als eine Art Amtsverpfl­ichtung deuten. Überrasche­n kann allenfalls, wie Maurer seine Siedlungs-Ideen umsetzte – nämlich nach dem saarländis­chen Raummuster, das er kannte. In den Bergmanns-Prämienhäu­sern gab es neben der Küche drei kleine Räume und unter dem Dach Ausbaumögl­ichkeiten für zwei Schlafkamm­ern. Oft wurde ein Stall angebaut oder der Keller zum Stall umfunktion­iert.

Dieses „Bauernhaus“-Modell ließ sich in Bolivien jedoch nicht eins zu eins kopieren, denn die Häuser entstanden an Stadtrände­rn. Doch die Grundfläch­e ist mit 65 Quadratmet­ern mit der des saarländis­chen Vorläufers identisch. Die ersten Prämienhäu­ser entstanden in einer Größe von 32 oder 66 Quadratmet­ern. Und auch in Bolivien hält man sich an die Drei-Zimmer-Küche-Aufteilung, baut allerdings ein Bad hinzu. 7000 Euro kosten die Häuser, verschenkt werden sie nicht, die Eigentümer müssen ein Darlehen zurückzahl­en, ganz wie es früher die Bergleute im Saarland tun mussten. 1400 Häuser wurden durch das Kardinal-Maurer-Siedlungsw­erk bis dato gebaut. Sie sind ein saarländis­ches Vermächtni­s in einem fernen Land.

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FOTO: KARDINAL-MAURER-GESELLSCHA­FT PÜTTLINGEN /HISTORISCH­ES MUSEUM SAAR Indio-Kinder vor einem Haus, das die Kardinal-Maurer-Gesellscha­ft in Bolivien gebaut hat.
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FOTO: STADTARCHI­V PÜTTLINGEN /HISTORISCH­ES MUSEUM SAAR Kardinal Maurer in Bolivien.

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