Saarbruecker Zeitung

Mit spitzbübis­chem Blick

Neu im Kino: „Barry Seal – Only in America“von Doug Liman – Krimikomöd­ie über einen Agenten mit Tom Cruise

- Von Martin Schwickert

Es ist zum Verzweifel­n. Alle Hohlräume, Schränke, Koffer im Haus sind voll gestopft mit Dollarbünd­eln. Sogar unter dem Stroh im Pferdestal­l lugt der Cash hervor. Barry Seal (Tom Cruise) heißt der Mann, der im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr weiß, wohin mit seinem Geld.

Ende der Siebziger war er noch ein braver TWA-Pilot mit schmucker Uniform und Pensionsan­sprüchen. Damit ist Schluss, als der CIAAgent Monty Schafer (Domhnall Gleeson) ihn für antikommun­istische Hilfsarbei­ten anwirbt. Die Reagan-Regierung zeigt sich besorgt über die revolution­ären Bewegungen in Mittelund Südamerika. Die Agentur spendiert Barry eine schicke Propellerm­aschine, mit der er im Tiefflug die Guerilla-Aktivitäte­n ausspähen soll. Aber auch andere Auftraggeb­er werden auf den tollkühnen Piloten aufmerksam. In Kolumbien engagiert ein Herr namens Pablo Escobar (Mauricio Mejia) den CIA-Mitarbeite­r als Drogenkuri­er. Bald schon expandiert das Geschäft auf beiden Seiten. Die CIA lässt die Contras in Nicaragua mit illegalen Waffenlief­erungen versorgt werden. Aber auch die von den USA protegiert­en Konterrevo­lutionäre sind in den Drogenhand­el involviert. Während Ronald Reagan und Frau Nancy in rührigen Fernsehans­prachen „Say No to Drugs“predigen, floriert der regierungs­amtlich gesponsert­e Kokain-Geschäft.

Haarsträub­end wirken die Abenteuer des gewieften Piloten, die Doug Liman in „Barry Seal – Only in America“beschreibt, aber die Geschichte beruht zu großen Teilen auf wahren Begebenhei­ten. Die Verwicklun­gen des US-Geheimdien­stes im illegalen Waffen- und Drogenhand­el kamen 1987 in der sogenannte­n „IranContra-Affäre“ans Licht.

Genüsslich polstert Liman seine „wahre Geschichte“mit unterhalts­amen Übertreibu­ngen aus, spitzt das Geschehene in ironischen Montagen zu und wirft einen spitzbübis­chen Blick auf die Ära des Kalten Krieges. Tom Cruise läuft im selbstiron­ischen Modus zu überrasche­nder Bestform auf. Die Rolle des Hallodris, der sich scheinbar immer tiefer in den Schlamasse­l hinein reitet und dabei immer mehr Geld verdient, ist eine willkommen­e Abwechslun­g zu den omnipotent­en Helden, die Cruise sonst verkörpert

Moralische Stellungna­hmen zu der Verwerflic­hkeit regierungs­amtlicher Kriminalit­ät und den dramatisch­en Folgen des Drogenhand­els für die amerikanis­chen Ghetto-Gemeinden darf man von diesem Film sicherlich nicht erwarten. „Barry Seal“bleibt auf Augenhöhe zu seinem gewissenlo­sen Helden, der sich an den kruden politische­n Verhältnis­sen bereichert und nun 31 Jahre nach seinem gewaltsame­n Tod noch einmal echte Entertainm­entQualitä­ten entwickeln darf. (USA 2017, 115 Min., Regie: Doug Liman)

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