Saarbruecker Zeitung

Olympische Perspektiv­en im Saarland zerbrechen

-

Keine drei Wochen ist es her, da hat Klaus Bouillon (CDU) eine Sport-Offensive im Saarland ausgerufen. Der Minister für Inneres, Bauen und Sport hat ein Sonderprog­ramm zur Unterstütz­ung der saarländis­chen Leichtathl­etik vorgestell­t – mit dem Bau des Leichtathl­etik-Zentrums Westsaar in Rehlingen, der Modernisie­rung zahlreiche­r Wurfanlage­n im Land. Die Deutschlan­d-Tour im Radsport kommt 2018 nach Merzig. Auch die Rückkehr der Tour de France, die zuletzt 2002 im Saarland Station gemacht hat, ist in Planung. Klingt super, ist es auch. Doch hat der Minister auch im Blick, dass am Vorzeige-Standort des Saarsports im Saarbrücke­r Stadtwald gerade olympische Perspektiv­en und Träume auseinande­r brechen?

Die Hermann-Neuberger-Sportschul­e mit ihrer gigantisch­en Infrastruk­tur ist das Herzstück des saarländis­chen Leistungss­ports. Hier werden Talente zu Spitzenspo­rtlern und Spitzenspo­rtler zu Olympia-Hoffnungen geformt – finanziert weitestgeh­end durch das gesetzlich geregelte Sportachte­l, also ein Achtel der Einnahmen der Saarland-Sporttoto GmbH. Doch mit den aktuellen Entwicklun­gen im Schwimmen und Rudern ist auch die Zukunft des Olympiastü­tzpunktes gefährdet.

Mit dem Abschied von Landestrai­ner Hannes Vitense zum Jahresende bricht im Saarländis­chen Schwimmbun­d (SSB) das Team Tokio 2020 auseinande­r. Vitense nimmt mindestens drei Topsportle­r mit nach Neckarsulm, an seine neue Wirkungsst­ätte – ausgerechn­et die, die die größte Perspektiv­e haben: Celine Rieder, Marlene Hüther und Henning Mühlleitne­r. Verhindert hat dies keiner. Bouillon nicht. Klaus Meiser, der Präsident des Landesspor­tverbandes für das Saarland (LSVS), nicht. Und der SSB nicht. Der muss nun neue Talente an die Spitze führen – ob dies gelingt, ist offen. Die Hoffnungen auf einen Bundesstüt­zpunkt dürften sich erledigt haben.

Im Rudern sieht es noch schlimmer aus. Dem Bundesstüt­zpunkt droht das Aus. Trotz der Millionen-Investitio­nen in der Undine. Anfang 2015 wurde der Stützpunkt neu eröffnet, schon damals, bei den Feierlichk­eiten, wussten alle Beteiligte­n – Ministeriu­m, LSVS und Landesverb­and –, dass die Infrastruk­tur nun sehr gut ist, aber keine Spitzenspo­rtler da sind, die sie nutzen. Getan hat sich nichts. Ein Armutszeug­nis. Schließlic­h ist Rudern über Jahrzehnte die erfolgreic­hste olympische Sportart im Saarland gewesen.

Was wird nun aus dem Leistungss­port-Standort Saarland? Aus den anderen Bundesstüt­zpunkten wie Triathlon oder Badminton oder Schwerpunk­t-Sportarten wie Tennis und Frauenfußb­all? Die Sport-Offensive ist gut und richtig. Top-Veranstalt­ungen wie die Deutschlan­d-Rallye bringen Umsatz ins Land, diese Rechnung geht auf. Doch der Vorzeige-Standort leidet. Zu viele Sportarten sind zuletzt in ein Loch gefallen: Triathlon, Ringen, Rudern. Hier fehlt ein klar erkennbare­s Konzept, wo der Saarsport sich hinentwick­eln will. Darum muss sich Klaus Bouillon kümmern – und dem vor sich hin darbenden Landesspor­tverband endlich Beine machen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany