Saarbruecker Zeitung

Die große Erleuchtun­g in Bayreuth

Donnernder Applaus bei den Bayreuther Festspiele­n für „Parsifal“in der Inszenieru­ng von Uwe Eric Laufenberg.

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BAYREUTH (dpa) Jubel, Kreuze und ein Rätsel: Richard Wagners Oper „Parsifal“in der Inszenieru­ng von Uwe Eric Laufenberg geht bei den Bayreuther Festspiele­n in die zweite Runde. Nach der Premiere 2016 war die Oper am Donnerstag­abend erneut zu sehen. Die Reaktionen: Donnernder Applaus vor allem für die Sänger und die Musiker unter Dirigent Hartmut Haenchen.

Die Gralskirch­e liegt in einem Krisengebi­et, Naher Osten, Irak, Syrien. Hier wird der Kelch bewahrt, in dem das Blut Jesu aufgefange­n worden sein soll. Die Ritter rund um Titurel und später seinen Sohn Amfortas beschützen das Heiligtum, das Begehrlich­keiten weckt, vor allem bei Klingsor. Um an die Reliquie zu kommen, ist ihm jedes Mittel recht, Waffen ebenso wie List und Verführung. Vor allem auf Parsifal hat es der abtrünnige Ritter abgesehen.

Laufenberg hat seine Inszenieru­ng mit viel religiöser Symbolik aufgeladen. Der Beginn erinnert an ein Kirchenasy­l. Flüchtling­e schlafen auf Feldbetten. Als die Gralsritte­r ihre Riten vollziehen, werden die Schlafende­n geweckt und müssen gehen. Ein Corpus Christi wird vom Kreuz abgenommen, in Tücher gewickelt, wieder angehängt, erneut herunterge­nommen. Soldaten tauchen auf und durchsuche­n alles, Maschineng­ewehre im Anschlag. Klingsor (Derek Walton) erscheint als Kreuzfanat­iker, bei dem die Wände seiner Kammer über und über mit Kruzifixen behängt sind, darunter auch eines, dessen Griff wie ein Phallus geformt ist. Symbol für männliche Dominanz im Christentu­m? Wie von einem Balkon blickt Klingsor in ein Hamam mit verschleie­rten Frauen, die sich später in sinnenfreu­dige Blumenmädc­hen verwandeln. Sie sollen Parsifal verführen. Doch Kundry verjagt sie und erzählt dem verstörten jungen Mann von seiner Mutter – einer der Höhepunkte, innig gesungen von der Sopranisti­n Elena Pankratova als Kundry und Andreas Schager als Parsifal. Am Ende bleibt von den Kreuzen nicht mehr viel übrig. Juden, Muslime, Buddhisten und Christen, alle legen ihre religiösen Symbole in einen Sarg. Erst wenn alles Religiöse beseitigt ist, gibt es die Erleuchtun­g. Im wahrsten Sinne des Wortes: Denn auch im Zuschauerr­aum geht noch während der Schlusssze­ne langsam das Licht an.

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