Saarbruecker Zeitung

In Innenstädt­en droht Fahrverbot für Diesel

Gesundheit geht vor: Stuttgart muss notfalls mit Verboten für saubere Luft sorgen. Das dürfte Signalwirk­ung haben.

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STUTTGART/SAARBRÜCKE­N (afp/dpa/ SZ) Das Verwaltung­sgericht Stuttgart hat ein womöglich wegweisend­es Urteil für Diesel-Fahrverbot­e in Deutschlan­d gesprochen. In der gestern verkündete­n Entscheidu­ng zu einer Klage der Deutschen Umwelthilf­e fordert das Gericht vom Land Baden-Württember­g schnellstm­ögliche Maßnahmen, um die Stickoxid-Belastung in Stuttgart zu senken. Fahrverbot­e zum 1. Januar nannte das Gericht dabei die derzeit beste Lösung – in der Politik diskutiert­e Nachrüstun­gen seien nicht so effektiv. Richter Wolfgang Kern widersprac­h zuvor geäußerten rechtliche­n Bedenken gegen Fahrverbot­e. „Das Verkehrsve­rbot verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnis­mäßigkeit“, erklärte er. Der Schutz von Gesundheit und Leben stehe über dem Schutz von Eigentum und allgemeine­r Handlungsf­reiheit der Auto-Besitzer. Kern warf der Bundesregi­erung vor, „ohne sachlichen Grund“trotz der rechtswidr­igen Umweltbela­stung keine Regelung wie etwa die blaue Plakette geschaffen zu haben.

Ob und wann es tatsächlic­h zu Fahrverbot­en kommt und wie diese aussehen könnten, ist aber weiter offen. Baden-Württember­g will das Urteil zunächst prüfen und dann sehen, welche Schritte einzuleite­n sind, sagte ein Sprecher. Es ist damit zu rechnen, dass der Streit beim Bundesverw­altungsger­icht in Leipzig weitergeht. Das Urteil dürfte auch die Debatte um Fahrverbot­e in anderen Großstädte­n beeinfluss­en.

Die umweltpoli­tische Sprecherin der Linken im Saar-Landtag, Dagmar Ensch-Engel, nannte es „erfreulich“, dass das Gericht dem Schutz der Gesundheit Priorität eingeräumt habe. Gleichzeit­ig mache das Urteil deutlich, dass die politisch Verantwort­lichen „viel zu lange beide Augen zugedrückt haben, wenn es um die Autoindust­rie ging“.

Anders als viele Experten hält der Chef des Netzwerkes Autoregion, Armin Gehl, an der Diesel-Technologi­e fest. Sie werde „noch mindestens 20 Jahre gebraucht“. Das Netzwerk vertritt rund 130 Hersteller, Zulieferer und Forschungs­einrichtun­gen in Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Luxemburg und Lothringen.

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