Wenn der Tod Frieden bedeutet
Neu im Kino: „Stille Reserven“von Valntin Hitz – Düstere Science-Fiction-Vision über den Tod als Geschäft
Wien ist gespalten. Eine Grenze läuft durch die Stadt – gezogen von Konzernen und ihren Fußsoldaten. Einige können sich eine Todesversicherung leisten, andere können nicht zahlen. Oder verweigern sich dem System. Für sie hat das Leben nach dem Tod kein Ende. Ihre Körper werden in einen Dämmerzustand versetzt und ausgebeutet.
Der Tod als Privileg. In nicht allzu ferner Zukunft, so skizziert es Valentin Hitz’ (Drehbuch und Regie) bedrückende Science-FictionDystopie „Stille Reserven“, müssen wir entscheiden: Was ist uns Selbstbestimmung wert? Und wie wehrhaft sind wir gegenüber dem Kapital? Es ist eine düstere Vision, die Hitz über eineinhalb Stunden entwirft. Und es sind existenzielle Fragen, die er aufwirft. Fragen, denen die Zuschauer auch nach dem letzten Bild noch nachhängen. Schade nur, dass auch diese Geschichte nicht Clemens Schick überzeugt als Versicherungsagent Vincent. ohne vorhersehbare Leinwand-Liebelei auskommt.
„Vincent Baumann, Assekuranzagent im Außendienst, Todesversicherung“, so weist sich jemand aus, für den es bislang nur nach oben ging. Baumann, mit feinsinniger Akkuratesse gespielt von Clemens Schick, ist ein kontrollierter Karrierist, der bislang jeden Auftrag zum Abschluss gebracht hat. Sein Leben widmet er der Selbstoptimierung, der Selbstbeherrschung. Mit seiner Chefin hat er zum Hormonausgleich Sex im Büro, Todesversicherungen verkauft er mit Sätzen wie: „Die meisten Menschen verdrängen den Gedanken an den Tod, dabei bedeutet Tod doch Frieden.“Wer keine Todesversicherung abschließt, läuft Gefahr, keinen Frieden zu finden. Stattdessen wird der Körper ausgebeutet, um bestehende Schulden auszugleichen: als Ersatzteillager, als Leihmutter, als Speichermedium. Alles steht im Dienst des Kapitals. Unternehmen haben Einfluss auf alle Bereiche des Lebens – und des Sterbens. Die ökonomische Verwertung setzt sich selbst im Tod fort.
Hitz inszeniert seinen Film in einer kühlen Ästhetik. Zu Beginn werden die Zuschauer gefangen genommen – von der faszinierendverstörenden Geschichte, von Schicks Spiel und von der Frage, wie weit die Ökonomisierung gehen darf. Diese Spannung verliert sich später jedoch. Die Handlung gerät wenig überraschend. Ebenso, dass Baumann der leidenschaftlichen Aktivistin Lisa (Lena Lauzemis) verfällt. (Österreich, Deutschland 2015/16, 95 Min.; Filmhaus Sb, Regie: Valentin Hitz)