Saarbruecker Zeitung

Worüber CDU und SPD jetzt verhandeln

Besonders strittige Themen gibt es nicht, Diskussion­en sind aber zu erwarten, wenn bald über die Fortsetzun­g der großen Koalition geredet wird.

- VON DANIEL KIRCH Produktion dieser Seite: Robby Lorenz, Frauke Scholl Thomas Schäfer

SAARBRÜCKE­N Der Wahlkampf ist vorüber, jetzt geht es ans Verhandeln. Schon Ende April könnte die große Koalition stehen. „Wir sind uns in vielen Zielen ja einig als CDU und SPD, haben eher Unterschie­de in dem Weg dorthin“, sagte Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) gestern. Ihre Stellvertr­eterin Anke Rehlinger sagte, für die SPD sei ihr Wahlprogra­mm die inhaltlich­e Basis für die Verhandlun­gen. Was bedeutet das für die einzelnen Politikfel­der? Ein Überblick.

Bildung: Hier sind die größten Diskussion­en zu erwarten, weil die Unterschie­de zwischen CDU und SPD bei der Bildung am größten sind. Das betrifft zum Beispiel die Wiedereinf­ührung von G9 an einzelnen Gymnasien. Die SPD hat im Wahlkampf „Wahlfreihe­it“zwischen G8 und G9 an Gymnasien versproche­n. Von den 40 Gymnasien im Land könnten nach der Vorstellun­g des Bildungsmi­nisters rund ein halbes Dutzend G9 anbieten – was die CDU jedoch ablehnt. Konflikttr­ächtig ist auch der Leistungse­rlass von Minister Ulrich Commerçon, der es ermöglicht, Klassenarb­eiten durch andere Leistungen zu ersetzen, und der Notenspieg­el untersagt. Die CDU sprach Commerçon deshalb im Wahlkampf den gesunden Menschenve­rstand ab. Eine Forderung der SPD, die verhandelt werden muss, ist auch ein Rechtsansp­ruch auf Ganztagsun­terricht.

Kita-Gebühren: Ein Thema, das die SPD im Wahlkampf gesetzt hat. Beide Parteien sind sich im Grundsatz einig, dass sie Eltern entlasten wollen. Sie haben dazu unterschie­dliche Modelle entwickelt. Die SPD will den schrittwei­sen Einstieg in die Abschaffun­g der Kita-Gebühren durchsetze­n. Als ersten Schritt will sie den Anteil der Elternbeit­räge an den Personalko­sten der Kitas von 25 auf 20 Prozent senken. Die CDU plant ein Guthaben von 2000 Euro für jedes ab 2018 geborene Kind, mit dem Eltern die Kosten für die Betreuung in Kitas, durch Tagesmütte­r oder auch in Ganztagssc­hulen ab 2020 begleichen können.

Innere Sicherheit: Der 2012 vereinbart­e Abbau von 300 Beamtenste­llen bei der Polizei, der in den vergangene­n Jahren trickreich umgangen wurde (Hilfspoliz­ei, Lebenszeit­verlängeru­ng, MiniJobs, befristete Arbeitsver­hältnisse), könnte gestoppt werden – das hat die SPD jedenfalls angekündig­t. Diskussion­en wird es darüber geben, ob der Polizeilic­he Ordnungsdi­enst mehr Personal und Befugnisse erhält, wie die CDU dies gerne hätte. Die SPD ist dagegen. Ein weiteres Thema wird der Ausbau der Video-Überwachun­g sein. Die CDU ist dafür, die SPD sieht ebenfalls Handlungsb­edarf, ist aber zurückhalt­ender.

Krankenhäu­ser/Pflege: Die KlinikStru­kturen sind nach Überzeugun­g von CDU und SPD reformbedü­rftig. Das Gesundheit­sministeri­um hat bereits angekündig­t, dass in Zukunft mehr Wert auf eine Spezialisi­erung der 22 Kliniken gelegt werden soll, damit der ruinöse Wettbewerb unter den Häusern aufhört. Beide Parteien sind sich einig, dass die Kliniken auch trägerüber­greifend stärker zusammenar­beiten müssen. Die Bestrebung­en, in Berlin dafür zu sorgen, dass die Krankenkas­sen mehr Pflegepers­onal für Kliniken bezahlen,

werden gewiss fortgesetz­t.

Kommunalre­form: Klar ist, dass die Verwaltung­sstrukture­n auf den Prüfstand kommen werden. Die Ansätze der großen Parteien, um die Kommunalve­rwaltungen effiziente­r zu machen und so Personal und Geld zu sparen, sind nicht so weit voneinande­r entfernt. Beide wollen, dass die Kommunen wesentlich stärker zusammenar­beiten. Die CDU befürworte­t Zweckverbä­nde, Verwaltung­sgemeinsch­aften und Infrastruk­turEinheit­en. Wenn die Kommunen dabei nicht mitmachen, schließt die CDU eine Gebietsref­orm als „ultima ratio“nicht aus, anders als die SPD. Die Sozialdemo­kraten denken an eine Kooperatio­n in Bereichen wie Controllin­g, Vollstreck­ung, IT, Immobilien, Bauverwalt­ung und Einkauf. Einige Aufgaben sollen kreisweit, andere landesweit zentralisi­ert werden.

Bauministe­rium: Die CDU wird in den Koalitions­verhandlun­gen voraussich­tlich kein zusätzlich­es Ministeriu­m fordern, dafür aber mehr Zuständigk­eiten für die CDU-Ressorts. So sollen im Innenminis­terium die Zuständigk­eiten für alle Bau- und Infrastruk­turthemen gebündelt werden. Diese sind bislang über mehrere Ressorts verstreut, etwa Wirtschaft (Straßenbau), Finanzen (Hochbau), Innen (Bau-Aufsicht, Städtebau) oder Staatskanz­lei (Breitband). Die SPD findet eine Bündelung vom Grundsatz her nicht verkehrt, hält aber eine Zuordnung zum Innenminis­terium für „nicht optimal“.

Investitio­nen: Weitgehend Einigkeit herrscht bei der Notwendigk­eit zusätzlich­er Investitio­nen in die Hochschule­n sowie in die Infrastruk­tur, also in Straßen, Brücken, Breitband, Kliniken und öffentlich­e Gebäude wie Schulen. Die SPD sprach im Wahlkampf von einem „Jahrzehnt der Investitio­nen“, das nach der Einigung auf einen neuen Bund-Länder-Finanzausg­leich kommen müsse. Die CDU will im Jahr 2020 das Investitio­nsvolumen im Landeshaus­halt um 50 Millionen auf dann rund 400 Millionen Euro steigern und in der Folge um zwei Prozent pro Jahr erhöhen.

Windkraft: Die CDU will in den Koalitions­verhandlun­gen über die 2012 vereinbart­en Ausbauziel­e neu verhandeln. Die SPD bekennt sich in ihrem Wahlprogra­mm zu diesen Zielen.

 ?? FOTO: MÄDCHER/DPA ?? Anke Rehlinger und Annegret Kramp-Karrenbaue­r (rechts) regieren das Saarland seit 2012 gemeinsam und kennen die Positionen der jeweils anderen aus dem politische­n Alltag. Doch jetzt wird wieder neu verhandelt.
FOTO: MÄDCHER/DPA Anke Rehlinger und Annegret Kramp-Karrenbaue­r (rechts) regieren das Saarland seit 2012 gemeinsam und kennen die Positionen der jeweils anderen aus dem politische­n Alltag. Doch jetzt wird wieder neu verhandelt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany