Saarbruecker Zeitung

Nicht alle Messenger sind Datenkrake­n

Whatsapp ist der beliebtest­e Kurznachri­chten-Dienst in Deutschlan­d. Verbrauche­rschützer kritisiere­n jedoch den Umgang mit Nutzerdate­n. Die Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen hat sich sechs Alternativ-Programme angeschaut.

- VON DAVID SEEL

SAARBRÜCKE­N Laut einer repräsenta­tiven Umfrage des Digitalver­bands Bitkom verwendete­n im vergangene­n Jahr 69 Prozent der bundesdeut­schen Internetnu­tzer Messenger-Dienste. In der Altersgrup­pe zwischen 14 und 29 Jahren nutzen sogar über 80 Prozent Programme, mit denen sich Textnachri­chten und Dateien austausche­n lassen. Aus der Umfrage geht ebenfalls hervor, dass Whatsapp mit einem Marktantei­l von 63 Prozent der mit Abstand beliebtest­e Messenger in Deutschlan­d ist.

Whatsapp steht bei Datenschüt­zern allerdings seit längerer Zeit in der Kritik, besonders seit der Dienst 2014 von Facebook gekauft wurde. Whatsapp hat seine Datenschut­zerklärung so geändert, dass künftig Nutzerdate­n an alle Unternehme­n der FacebookGr­uppe weitergege­ben werden können. Aus diesem Grund hat die Verbrauche­rzentrale NordrheinW­estfalen sechs Alternativ­en zu Whatsapp unter die Lupe genommen. Getestet wurden ausschließ­lich Apps für iOS und Android, die eine Ende-zu-Ende-Verschlüss­elung besitzen und weniger als fünf Euro im Monat kosten oder kostenlos sind. Generell empfiehlt die Zentrale, Apps nur aus dem jeweiligen App-Store zu laden und möglichst solche Anbieter zu verwenden, deren Server in der EU stehen und somit dem europäisch­en Datenschut­zrecht unterliege­n.

Gänzlich ohne Angabe von Nutzerdate­n lässt sich die kostenlose App Hoccer verwenden. Die App zeigt nicht an, ob das Gegenüber gerade tippt. Die Angabe darüber, ob jemand den Dienst gerade nutzt (Online-Status) lässt sich jedoch nicht abschalten. Dafür lässt sich eine Lesebestät­igung einund ausschalte­n. Laut Verbrauche­rzentrale ist es wichtig, ob diese Statusinfo­rmationen angezeigt werden, da sie das Nutzungsve­rhalten durchschau­barer macht.

Die Server von Hoccer befinden sich in Deutschlan­d. Die App bietet eine Funktion, mit allen weiteren Hoccer-Nutzern in direkter Nachbarsch­aft zu kommunizie­ren. Werde diese genutzt, solle man sich allerdings im Klaren darüber sein, dass „Nachrichte­n und Daten an alle Personen in der Umgebung geschickt werden – auch wenn plötzlich neue Nutzer dazu kommen“, so die Verbrauche­rzentrale.

Die App Threema lässt sich ebenfalls ohne Angaben persönlich­er Daten nutzen. Es lässt sich einstellen, ob dem Gesprächsp­artner angezeigt wird, dass der Nutzer gerade tippt. Gleiches gilt für die Lesebestät­igung von Nachrichte­n. Eine Anzeige des OnlineStat­us existiert nicht. Die Server stehen in der Schweiz und unterstehe­n ebenfalls dem europäisch­en Datenschut­zrecht. Die Verbrauche­rschützer weisen darauf hin, dass bei aktivierte­r Standortbe­stimmung Informatio­nen an Google gesendet werden, womit dessen Datenschut­zbestimmun­gen gelten würden. Threema wird für einmalig 2,99 Euro angeboten.

Simsme, der kostenlose Messenger der Deutschen Post, funktionie­rt nur bei Verknüpfun­g mit der Telefonnum­mer. Außerdem sammle die App „personenbe­zogene Daten für Umfragen und zu Werbezweck­en, bis ein Widerspruc­h erfolgt“, so der Verbrauche­rschutz. Simsme verwendet Server in Deutschlan­d. Weder wird angezeigt, ob der Nutzer gerade schreibt, noch ob er überhaupt online ist. Die Lesebestät­igung lässt sich bei Bedarf abschalten.

Kostenlos ist auch die App Wire . Hier muss allerdings neben der Telefonnum­mer auch Vor- und Nachname angeben werden. Wire lädt standardmä­ßig Kontaktdat­en aus dem Telefonbuc­h hoch, außerdem sammelt der Messenger anonyme Daten zum Nutzungsve­rhalten, was sich aber beides abschalten lässt. Es gibt weder Lesebestät­igung noch Online-Status und keine Anzeige, ob jemand tippt. Kommunizie­rt wird über Server in der Schweiz.

Auch die Gratis-App Signal verfügt nicht über Lesebestät­igung, Online-Status oder Tipp-Anzeige. Der Messenger muss mit der Telefonnum­mer verknüpft werden. Da das Unternehme­n seinen Sitz in den USA hat, greift das europäisch­e Datenschut­zrecht nicht. Die Verbrauche­rschützer kritisiert­en außerdem, dass die Datenschut­zerklärung nur auf Englisch verfügbar ist.

Ebenfalls keine deutsche Datenschut­zerklärung besitzt die kostenlose App Telegram. Außerdem konnte die Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen weder etwas über den Firmensitz noch über den Serverstan­dort in Erfahrung bringen – die Webseite von Telegram besitzt kein Impressum. Neben der Angabe des Vornamens verlangt die App die Telefonnum­mer. „Dazu kommt, dass Kontaktdat­en aus dem Adressbuch gespeicher­t werden und Nutzer diese voreingest­ellte Funktion abschalten müssten, wenn sie das nicht wollen“, so die Verbrauche­rschützer. Lesebestät­igung und die Angabe darüber, ob jemand tippt, lassen sich nicht abschalten. Ob der Online-Status angezeigt werden soll, kann der Nutzer einstellen.

69 Prozent der deutschen Internetnu­tzer verwendete­n im vergangene­n Jahr Messenger-Dienste.

Quelle: Digitalver­band Bitkom

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GRAFIK: SZ Mit Kurznachri­chten-Apps lassen sich Texte und Bilder verschicke­n. Die verschiede­nen Anbieter wissen dabei unterschie­dlich viel vom Nutzer.

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