Saarbruecker Zeitung

3000 fordern mehr Klinik-Pflegepers­onal

In Saarbrücke­n haben gestern Krankenhau­sangestell­te, Verdi-Gewerkscha­fter, Landesmini­sterinnen und die Klinikträg­er demonstrie­rt.

- VON PATRICIA HEINE

SAARBRÜCKE­N Chefarzt, Direktor, Krankensch­wester, Küchen- oder Putzkraft – gestern war ihre Position egal. Sie alle haben eine Forderung: mehr Personal in den Krankenhäu­sern. Dafür sind sie auf die Straße gegangen. Mehr als 3000 Demonstran­ten zogen laut Polizei von Burbach aus durch Saarbrücke­n. Deutlich mehr als erwartet. Überwiegen­d Angestellt­e der 22 saarländis­chen Krankenhäu­ser. Die Trillerpfe­ifen – weit durch die Straßen waren sie zu hören. Auf dem Tbilisser Platz vor dem Staatsthea­ter versammelt­en sie sich. Durchnässt und durchgefro­ren. Aber das nahmen die Teilnehmer in Kauf, um aufzustehe­n und zu kämpfen. Aus fast allen Bundesländ­ern waren Krankenhau­skollegen gekommen, um gemeinsam Flagge zu zeigen.

Der Protestmar­sch war ungewöhnli­ch. Neben der Gewerkscha­ft Verdi und den Trägern der saarländis­chen Krankenhäu­ser rief auch Gesundheit­sministeri­n Monika Bachmann (CDU) zum Widerstand auf. Auch Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD) marschiert­e mit. „Das macht uns Mut und Hoffnung, aber wir sind auch skeptisch“, sagte Verdi-Gewerkscha­fter Michael Quetting. Vor fünf Jahren seien sie schon einmal für mehr Personal in den Krankenhäu­sern auf die Straße gegangen. Ohne nennenswer­ten Erfolg. „Aber dieses Mal sind wir überzeugt, dass es uns gelingt“, sagte er. Die Gesundheit­sministeri­n war gestern „mit Herzblut“bei der Sache: „Ein starkes Saarland braucht eine starke Pflege.“Die Pflege gehöre oben auf die Agenda und nicht an den Rand der Gesundheit­spolitik, betonte Bachmann. Das blieb nicht ihr einziger Aufruf. Die Träger der Krankenhäu­ser forderte sie auf: „Zeigen Sie ihren Mitarbeite­rn, dass Sie es ehrlich meinen.“Und das Pflegepers­onal rief sie auf, mitzumache­n. „Ich möchte, dass es Ihnen bei Ihrer Arbeit gut geht. Und ich möchte, dass unsere Patienten eine gute Versorgung erhalten.“

Die sei aber nicht gewährleis­tet, erklärte Sandra Kiefer-Schmidt, Krankensch­wester auf der Intensivst­ation des Klinikums Saarbrücke­n. Sie trat für die Betroffene­n ans Mikro. „Das Gesundheit­ssystem ist krank. Wir werden durch die Umstände krank“, rief sie. Die Pflege sei gefährlich geworden, weil angemessen­e Hygiene-Maßnahmen wegen des Sparkurses nicht eingehalte­n werden könnten. Ein schweres Los für die Krankensch­western. Bei ihrer Arbeit stehe der Mensch im Mittelpunk­t. Das gelinge oft nicht mehr. Auf Dienstplän­e sei kein Verlass. Familie und Privatlebe­n blieben auf der Strecke. „Wir erwarten Taten und Antworten der Parteien“, sagte sie. „Wir Pflegekräf­te werden nicht müde.“

70 000 Stellen bundesweit fehlten alleine in der Pflege, erklärte Sylvia Bühler, Bundesvors­tandsmitgl­ied von Verdi. Auf den Stationen sei eine Pflegekraf­t oder sogar eine Pflegehilf­skraft oft alleine. „Das ist legal in Deutschlan­d. Das ist skandalös“, rief sie. „Kranke Menschen sind keine kaputten Maschinen.“Nach jahrelange­n Protesten lobte sie „endlich erste Erfolge“mit der am Dienstag auf Bundeseben­e festgelegt­en Personalun­tergrenze. „Aber wir brauchen für alle Bereiche genug Personal“, sagte sie.

Ähnlich äußerte sich gestern die Grünen-Fraktion im Landtag. Eine verbindlic­he Personal-Untergrenz­e nur für die pflegeinte­nsiven Bereiche sei unzureiche­nd. Vor allem der Bund müsse mehr Kosten übernehmen. Klaus Kessler, stellvertr­etender Fraktionsv­orsitzende­r der Grünen, äußerte Zweifel, wie die von Bachmann angekündig­ten 1000 neuen Pflegestel­len an Saar-Kliniken finanziert werden sollen.

Zu der Demonstrat­ion wollten nach Aussage von Verdi-Mitglieder­n noch mehr Krankenhau­sAngestell­te kommen. Das sei aber nicht für alle möglich gewesen. Einige Krankenhäu­ser arbeiteten in Sonntagbes­etzung. Andere hingegen ließen den Betrieb normal weiterlauf­en, wie Verdi-Mitglied Michael Quetting mitteilte.

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FOTO: BECKER&BREDEL Der Protestzug durch Saarbrücke­ns Straßen schien trotz des Dauerregen­s kein Ende zu nehmen.

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