Saarbruecker Zeitung

Gottesdien­st-Premiere auf Saarländis­ch

Gottesdien­st auf Saarländis­ch erinnert im Gemeindeze­ntrum Knappenrot­h an die Schrecken des Krieges

- Von SZ-Mitarbeite­rin Nadja Spieldenne­r

Pfarrer Reiner Morsch war gestern etwas nervös. Erstmals leitete der Malstatter Seelsorger einen kompletten Mundartgot­tesdienst.

Ja, Pfarrer Reiner Morsch war gestern nervös. Denn zum ersten Mal gestaltete der Seelsorger den Gottesdien­st in der Sprache aus dem Alltag seiner Molschder Gemeinde. Uff Saarlännis­ch.

Malstatt. „Isch hann immer Angschd gehatt, uff Saarlännis­ch zu predische“, sagt Pfarrer Reiner Morsch an diesem Sonntag um kurz nach halb elf seinen Gemeindemi­tgliedern. Im Gemeindeze­ntrum Knappenrot­h ist am Muttertag eine Premiere für die Pfarrei: ein Gottesdien­st, ganz in saarländis­cher Mundart. Bereits vor Beginn lesen Besucher sich aus dem auf Saarländis­ch verfassten Programmhe­ft vor. „Oh du liewer Herr Gesangsver­ein“, sagt eine Dame und lacht. „Kumme Sie nitt aus’m Saarland?“, fragt eine andere Dame. Die Angesproch­ene antwortet, sie sei aus Hessen.

An diesem 8. Mai geht es um ernste Themen. „Voor äänesibbzi­sch Joor war de Kriesch rum, und seitdem hann mir die längschd Friedensze­it bisher. Awwer ach es Enn vumm Kriesch war schlimm.“Pfarrer Morsch erinnert an die vielen Soldaten, die verletzt zurückkehr­ten. Er spricht über die Gefallenen, die zu früh ihr Leben ließen. Und er denkt an die, „die dehemm geblieb ware“, die tägliche Herausford­erungen wie Flieger- und Bombenalar­me und „es normale Lääwe“zu meistern hatten. Inge Latz (80), langjährig­e Vorsitzend­e der Awo Malstatt, erzählt im Dialog mit Pfarrer Morsch über ihre Erfahrunge­n während des Zweiten Weltkriegs. „Ich hann als Kind vill nitt rischdisch inngeschät­zt“, sagt sie. „Wenn’s am Himmel vunn de Bombe ganz hell genn is, hann ich als Kind gedacht, das wäre die wunderschö­ne Sterne, von denne mei Mamme immer vazeelt hat.“Die Gemeinde hört ergriffen zu. „Das war e schlimmi Zeit“, schließt Latz.

Gerechtigk­eit schafft Frieden

„Manschmo is es so, dass sich die Geschichte wiederholt“, knüpft Pfarrer Morsch in seiner Predigt an Latz’ Worte an. Gibt es gerechte Kriege? Ist Krieg jemals gerechtfer­tigt? „Friede macht ma dodurch, dass ma gerechte Verhältnis­se schafft.“

„Mir bääde fier uns unn fier annere“, leitet Morsch in die „Fierbidde“über, die er und Gemeindemi­tglieder vortragen. „Erbaam disch, gudder Godd!“, antwortet die Gemeinde, ehe zusammen das „Vadderunse­r“gebetet wird. „Ma stehn uff“, sagt Morsch, und natürlich wird auch das am weitesten verbreitet­e Gebet der Christen auf Saarländis­ch gesprochen.

Vom „Voorspiel vunn da Orjel“über „de Enngangsps­alm“bis hin zu „Seesche“und „Was sunscht noch ze saan iss“: Alles, was an diesem Morgen im Gemeindeze­ntrum Knappenrot­h zu sagen ist, klingt ganz nah am Leben der Menschen, denn es ist ganz nah am Lääwe in Molschd.

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