Konflikte früher angehen
Die rheinland-pfälzische Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Trier platzt aus allen Nähten
Betten auf dem Flur, Container und Zelte im Hof: In der Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Trier herrscht beklemmende Enge. Die Leitung versucht, Konsequenzen aus einer Massenschlägerei zu ziehen.
Trier. Weiß steht für Eritreer, Flieder für Iraner und Grün für Albaner. Bunte Schildchen an einer Magnetwand zeigen, wie die Zimmer in der Erstaufnahmestelle für Asylbewerber (Afa) in Trier belegt sind. Menschen aus völlig verschiedenen Kulturkreisen werden hier untergebracht – getrennt nach Sprache, Ethnie und Religion. Damit will Afa-Leiter Frank-Peter Wagner und sein Team die zeit- weise konfliktbeladene Situation entschärfen.
Menschen aus Dutzenden Nationen leben in den drei ehemaligen Kasernengebäuden in der Mosel-Stadt unter einem Dach – Konflikte sind vorprogrammiert. Es herrscht beklemmende Enge. Auf den Fluren stehen Betten, im Hof wurden Container aufgestellt, am Wochenende sogar Zelte. Ausgelegt war die Unterkunft einst für nur 844 Menschen, derzeit leben hier etwa 1500 Flüchtlinge. In einer von der Diakonie betreuten Außenstelle der Trierer Afa sind es fast nochmal so viele. Dort sorgte eine Massenschlägerei am Rande eines Fußballspiels zwischen Syrern und Albanern für Schlagzeilen (die SZ berichtete). Ein Mensch wurde verletzt, ein Aufgebot der Poli-
Zelte stehen in der Auffangeinrichtung in Trier.
zei musste für Ruhe sorgen.
Welche Lehren sind aus solchen Vorfällen zu ziehen? Für Wagner geht es vor allem darum, persönliche Streitereien im Haus möglichst früh anzugehen. Das würden seine Sozialar- beiter seit jeher tun. Die Flüchtlinge würden auch ermutigt, Beleidigungen und andere Straftaten vor Ort sofort anzuzeigen. Zudem patrouillieren Polizisten seit einiger Zeit in Uniform übers Gelände, um Präsenz zu zeigen. „Früher waren die in Zivil und kaum zu erkennen“, erzählt Wagner.
Die Gewalt-Eskalation in der Außenstelle war laut Wagner der bisher schwerste Vorfall dieser Art in Rheinland-Pfalz. Angesichts der zunehmenden Enge nehmen solche Konflikte tendenziell bundesweit zu.
Anlass sind nach der Erfahrung von Wagner meist persönliche Rivalitäten, die dann regelrecht explodierten. Funke im Pulverfass bei der Trierer Massenschlägerei war offenbar, dass bei einem lockeren Kick ein syrischer Flüchtling gegen ein albanisches Team ein Tor schoss. Auch der 24-jährige Obida kommt aus Syrien. Er ist seit zehn Tagen in der Trierer Afa-Hauptstelle. Er sagt: „Ich fühle mich hier schon sicher, aber manchmal gibt es Konflikte.“Andere Bewohner etwa aus Eritrea schildern die große Enge, die in den Zimmern herrsche. Für all die Menschen ist die Erstaufnahmestelle nur eine Zwischenstation auf dem langen Weg zum begehrten Asyl. Maximal drei Monate sollen sie laut Gesetz hier bleiben, in Trier sind es im Schnitt gerade mal vier bis fünf Wochen. Der Durchlauf sei enorm, sagt Wagner. „Wir kommen nicht mal mehr dazu, die Zimmer zu renovieren, weil sie sofort wieder belegt werden.“