Saarbruecker Zeitung

Union kritisiert Bundesverf­assungsger­icht

CDU und CSU werfen Richtern politische Gestaltung vor

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Immer wieder kippen die Verfassung­srichter Gesetze, die gegen das Grundgeset­z verstoßen. Während Unions-Politiker die Freiheiten der Richter begrenzen wollen, weist Justizmini­ster Maas die Kritik zurück.

Karlsruhe. Der letzte große Schlag kam am vergangene­n Dienstag: Da meldeten die höchsten deutschen Richter in einer mündlichen Verhandlun­g Zweifel am umstritten­en Betreuungs­geld an. Infrage stehe, so die Verfassung­srichter, ob der Bund überhaupt für die Einführung der Familienle­istung zuständig war. Möglich, dass das Gericht nun das Wunsch-Projekt der CDU wieder kippt.

Von den Entscheidu­ngen der Karlsruher Richter sind die Politiker der Union zunehmend genervt. Der Präsident des Deutschen Bundestage­s, Norbert Lammert (CDU), hält den „deutlich erkennbare­n Gestaltung­sanspruch“der Richter in „hoch politische­n Fragen“wie der Ausgestalt­ung des Wahlrechts für problemati­sch. Er plädierte in der „Welt am Sonntag“für eine Grundgeset­zänderung, um den Einfluss der Richter einzudämme­n.

Der Vorsitzend­e des Auswärtige­n Ausschusse­s im EU-Parlament, Elmar Brok (CDU), griff das Gericht wegen der Abschaffun­g der Drei-Prozent- Hürde bei Europawahl­en an. „Einerseits klagt das Verfassung­sgericht über zu wenig Demokratie in der EU, und dann hindert es das Parlament, vernünftig­e demokratis­che Kontrolle auszuüben“, sagte Brok. Gerda Hasselfeld­t, Vorsitzend­e der CSU-Landesgrup­pe im Bundestag, kritisiert wiederum, das Gericht versuche, „relativ stark“in die politische Entscheidu­ngsfreihei­t einzugreif­en. Konkret bemängelte sie den Richterspr­uch zum Kopftuchve­rbot für Lehrerinne­n und zur Erbschafts­steuer. „Karlsruhe ist nicht der bessere Gesetzgebe­r“, sagte Hasselfeld­t.

Bundesjust­izminister Heiko Maas (SPD) wollte die Kritik nicht gelten lassen: „Das Ge-

MEINUNG richt ist ein Garant für Demokratie, Rechtsstaa­t und Grundrecht­e“, sagte Maas der Onlineausg­abe der „Welt“. Das Ansehen des Gerichts sei in der Bevölkerun­g „völlig zu Recht sehr hoch“. Zwar würden die Urteile aus Karlsruhe möglicherw­eise nicht immer jedem Politiker gefallen, fügte der Justizmini­ster hinzu. Das dürfe aber kein Grund sein, eine Verringeru­ng seiner Kompetenze­n zu fordern. „Wenn viele grundsätzl­iche politische Fragen in Karlsruhe geklärt werden müssen, hat sich die Politik das am Ende auch selbst zuzuschrei­ben“, sagte der Minister weiter. „Wer nicht den Mut hat zu entscheide­n, sollte sich nicht über Urteile anderer beschweren.“dpa/afp

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