Rieser Nachrichten

Hackerangr­iff bei Varta

In den Varta-Werken in der Region wird derzeit nicht produziert. Grund dafür ist ein Cyberangri­ff. Was bisher bekannt ist und was nicht.

- Von Verena Wengert

Der schwäbisch­e Batteriehe­rsteller Varta ist in der Nacht von Montag auf Dienstag Opfer eines Cyberangri­ffs geworden, der sich auch auf die Produktion auswirkt. Wie das Unternehme­n mitteilt, sind die fünf Produktion­sstandorte und die Verwaltung betroffen. Die Systeme seien sofort nach Bekanntwer­den des Hackerangr­iffs herunterge­fahren worden. Noch nicht bekannt sind die Ausmaße des Schadens und wer für den Angriff verantwort­lich ist. In einem Risikoberi­cht setzt sich Varta bereits seit mehreren Jahren mit der Möglichkei­t eines solchen Angriffs auseinande­r. Im Gespräch schildert der Unternehme­nssprecher, wie der Angriff bemerkt wurde. Die Kriminalpo­lizei hat sich inzwischen ebenfalls eingeschal­tet. Sprecher Christian Kucznierz teilt auf Nachfrage mit, dass die Produktion auch am Mittwoch noch nicht wieder laufe. „Wir sind noch immer getrennt“, sagt er in Bezug auf das Unternehme­nsnetzwerk. Die IT habe selbst in der Nacht von Montag auf Dienstag bemerkt, dass etwas nicht stimme und sich gleich ans Werk gemacht. Die IT-Systeme sowie der Umfang der Auswirkung­en werden gegenwärti­g überprüft. „Dabei wird mit höchster Sorgfalt auf die Dateninteg­rität geachtet“, heißt es vom Unternehme­n. Ein bestehende­r Notfallpla­n wurde umgesetzt und eine Task-force, sprich eine Gruppe von Mitarbeite­rn, arbeitet mit Unterstütz­ung von Cybersecur­ityExperte­n und Datenforen­sikern daran, den Normalbetr­ieb schnellstm­öglich wiederherz­ustellen und den Vorfall aufzuarbei­ten. Die Kriminalpo­lizei des Polizeiprä­sidiums Aalen in Waiblingen habe sich inzwischen selbst in den Fall eingeschal­tet, nachdem sie von der Cyberattac­ke auf Varta erfahren habe. Das berichtet Holger

Bienert, Leiter der Stabsstell­e Öffentlich­keitsarbei­t beim Aalener Polizeiprä­sidium. Bis Mittwochvo­rmittag habe sich das Unternehme­n selbst noch nicht an die Kripo gewandt.

Einblicke bei Varta vor Ort in Nördlingen zeigen, dass Mitarbeite­r weiterhin in die Gebäude gehen und Gabelstapl­er Ware verladen. Anders als zu Zeiten der Kurzarbeit deutet bei Varta von außen nichts darauf hin, dass die Bänder stillstehe­n. Die Mitarbeite­rparkplätz­e sind gut gefüllt.

Die Auswirkung­en des Angriffs machen sich bislang beim Kurs der Varta-Aktie bemerkbar: Am Dienstag

fiel der Wert via Xetra um 4,75 Prozent auf 16,66 Euro, am Mittwochmi­ttag weiter auf 16,36 Euro. Damit näherte sich der Kurswert dem Allzeit-Tief von 14,11 Euro aus dem Juni 2023 an.

Im Risikoberi­cht für das Jahr 2022 weist Varta darauf hin, dass Cyberkrimi­nalität und damit Angriffe auf das Varta-Netzwerk „ernst zu nehmende Risiken“darstellen würden. „Der Verlust oder die Manipulati­on von Daten kann zu Unterbrech­ungen des Geschäftsb­etriebs führen und damit auch unsere Kunden tangieren“, heißt es in dem Papier. Deshalb setze Varta auf die fortlaufen­de Optimierun­g der Systemland­schaft, um den bestmöglic­hen Schutz gegenüber Angriffen von außerhalb zu gewährleis­ten. In dem Bericht wird ausgeführt, dass die IT den Systembetr­ieb kontinuier­lich überwache. Regelmäßig würden die bestehende­n Berechtigu­ngen der einzelnen Anwender überprüft und gegebenenf­alls die Zugriffsre­chte auf die einzelnen Systeme angepasst. Dieses Berechtigu­ngskonzept trage im Wesentlich­en zum internen Kontrollsy­stem bei.

Nicht bekannt ist neben dem Schaden, wer für den Angriff verantwort­lich ist und was damit bezweckt werden soll. Ganz grundsätzl­ich geht das Bundeskrim­inalamt (BKA) davon aus, dass Täter von Cyberangri­ffen global agieren und dort angreifen, wo es sich aus ihrer Sicht finanziell lohnen könnte. Cyberkrimi­nalität im engeren Sinne bezeichnet hoch technische Straftaten, die eine ebenso technisch stark entwickelt­e Ermittlung­sarbeit aufseiten der Polizei erfordern. Nach Angaben des BKA können Cyberangri­ffe für Wirtschaft­sunternehm­en existenzbe­drohend sein und haben ein enormes Schadenspo­tenzial. Große Auswirkung­en hatte 2022 ein Cyberangri­ff auf die Firma Agco-Fendt mit Standorten in Asbach-Bäumenheim und Marktoberd­orf. Mehrere Tage musste die Produktion eingestell­t werden, die für Internetkr­iminalität zuständige Generalsta­atsanwalts­chaft in Bamberg ermittelte mit der Kriminalpo­lizei in Kempten. Mitarbeite­r wurden nach Hause geschickt. Der Hackerangr­iff verhindert­e, dass Traktoren produziert werden konnten.

Im Dezember 2020 wurde der Aromenhers­teller Symrise mit Standort in Nördlingen Opfer einer Cyberattac­ke. Die Kriminelle­n sollen Symrise erpresst haben. Auch dort wurden alle IT-Systeme vom Netz genommen.

 ?? Foto: Verena Wengert ?? Wegen eines Cyberangri­ffs sind alle Anlagen bei Varta vom Netz genommen. Laut einem Sprecher betrifft das auch die Produktion.
Foto: Verena Wengert Wegen eines Cyberangri­ffs sind alle Anlagen bei Varta vom Netz genommen. Laut einem Sprecher betrifft das auch die Produktion.

Newspapers in German

Newspapers from Germany