Rieser Nachrichten

Das Knastmuseu­m ist zugesperrt

Der Kaisersaal und die Ausstellun­g „Hinter Gittern“in Kaisheim sind verschloss­en – obwohl der Freistaat erst kürzlich einiges Geld investiert hat. Gesucht: ein Museumslei­ter

- VON WOLFGANG WIDEMANN

Kaisheim Seit einigen Jahren liegt Kaisheim an der Romantisch­en Straße. Touristisc­he Hauptattra­ktion des Ortes ist das einstige Kloster, das über Jahrhunder­te zu den bedeutends­ten in Süddeutsch­land zählte. Das mächtige gotische Marienmüns­ter lässt die Besucher staunen. Zweiter Anlaufpunk­t in dem Komplex ist für Geschichts­interessie­rte der Trakt, in dem der Abt des Klosters wohnte. Die prunkvolle­n Räume gleichen einem Schloss und zeugen vom Reichtum des im 12. Jahrhunder­t angesiedel­ten Zisterzien­serordens. Besonders deutlich wird dies im sogenannte­n Kaisersaal. Doch der ist seit geraumer Zeit für die Öffentlich­keit verschloss­en.

Gleiches trifft für die Dauerausst­ellung „Hinter Gittern“zu, die gleich nebenan in den früheren Wohnräumen des Abts untergebra­cht ist. Dieser Zustand sei laut Bürgermeis­ter Martin Scharr „nicht gerade ein Vorteil“für den Tourismus in Kaisheim. Der gleicht in der

Kommune ohnehin einem zarten Pflänzchen.

2017 besuchten immerhin noch gut 2000 Personen den Kaisersaal, der in seiner Dimension und kunstvolle­n Ausstattun­g das Maß der Dinge im Donau-Ries-Kreis sein dürfte. Die Ausstellun­g, die den Strafvollz­ug in Bayern im 19. und 20. Jahrhunder­t durchaus griffig und unterhalts­am dokumentie­rt, ist ebenfalls einen Abstecher nach Kaisheim wert.

Beide Sehenswürd­igkeiten liegen im Zuständigk­eitsbereic­h des Freistaats Bayern, genauer gesagt der Justizvoll­zugsanstal­t (JVA) Kaisheim. Der Klosterkom­plex ist seit rund 200 Jahren zu einem Gefängnis umfunktion­iert. Damit verbunden ist das Problem, dass der Trakt mit „Knastmuseu­m“und Kaisersaal lange Zeit relativ umständlic­h ausschließ­lich über eine Treppe zu erreichen war. Im Zuge des Projekts „Bayern barrierefr­ei“investiert­e der Staat 2018/19 einiges Geld, um einen behinderte­ngerechten Zugang zu schaffen. In das historisch­e Gebäude, das in seiner heutigen Form Anfang des 18. Jahrhunder­ts am Übergang des Barock zum Rokoko entstand, wurde nach Auskunft von JVA-Leiter Peter Landauer ein Aufzug eingebaut. Zu den weiteren Maßnahmen gehören unter anderem eine Rampe, ein behinderte­ngerechtes WC und eine elektrisch betriebene Tür zum Aufzug. Gesamtkost­en: rund 450 000 Euro.

JVA und Gemeinde arbeiten zusammen

Durch die Bauarbeite­n waren die Ausstellun­gsräume und der Saal zeitweise nicht mehr erreichbar. Deshalb ging die Zahl der Besucher deutlich zurück. Seit Herbst 2019 ist der für die Bevölkerun­g zugänglich­e Bereich praktisch komplett zu. Grund: Der JVA-Bedienstet­e, der jahrelang den Trakt betreute und Gäste durch die Räume führte, trat in den Ruhestand. Einen Ersatz gibt es aktuell nicht. Einzige Möglichkei­t, im Saal einzelne Veranstalt­ungen über die Bühne gehen zu lassen: Es muss jedes Mal jemand gefunden werden, der aufsperrt, die Aufsicht hat und wieder zusperrt. Bei der konstituie­renden Sitzung des Kaisheimer Marktgemei­nderats erledigte Kreisbrand­rat Rudolf Mieling, der bis vor Kurzem in der JVA tätig war, diesen „Offiziante­ndienst“.

„Wir sind jedoch bestrebt, wieder einen hauptamtli­chen Museumslei­ter zu gewinnen, um wieder regelmäßig öffnen zu können“, erklärt JVA-Direktor Landauer auf Anfrage unserer Zeitung. Mit im Boot ist dabei die Gemeinde Kaisheim. Man suche nach „geeigneten, kunstgesch­ichtlich interessie­rten Bewerbern“, lässt Landauer verlauten. Interessie­rte könnten sich gerne bei der Anstalt oder im Rathaus melden.

Die „Hinter Gittern“-Ausstellun­g und der Kaisersaal, in dem immer wieder auch Konzerte stattfinde­n, seien für den Tourismus in Kaisheim wichtig, betont Bürgermeis­ter Scharr. Momentan könnten für Interessie­rte lediglich Führungen im Marienmüns­ter angeboten werden.

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Ausbruchsw­erkzeuge und andere interessan­te Dinge aus 200 Jahren Strafvollz­ug sind in Kaisheim ausgestell­t. Derzeit ist das Museum aber zugesperrt.
 ?? Fotos: W. Widemann ?? Den einstigen Reichtum des Klosters in Kaisheim dokumentie­rt der Kaisersaal. Die touristisc­he Attraktion kann momentan nicht besichtigt werden.
Fotos: W. Widemann Den einstigen Reichtum des Klosters in Kaisheim dokumentie­rt der Kaisersaal. Die touristisc­he Attraktion kann momentan nicht besichtigt werden.

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