Elf Millionen Euro für soziales Projekt
In Wemding wird eine Werk- und Förderstätte für Behinderte gebaut. Warum die Maßnahme angepackt wird und welche Vorteile sie mit sich bringt
Wemding Viele psychisch und geistig behinderte Menschen im DonauRies-Kreis können dank der Lebenshilfe einer geregelten Arbeit nachgehen. Allerdings sind die räumlichen Kapazitäten der Organisation am Standort in Nördlingen mehr als ausgereizt. Deshalb verlagert die Lebenshilfe einen Teil der Betreuten nach Wemding. Dort entstehen eine Werkstätte für 100 Betreute und eine Förderstätte für zwölf Schwerstbehinderte. Das Projekt ist ein finanzieller Kraftakt: Die Kosten werden auf 10,65 Millionen Euro geschätzt – plus Ausgaben für das 16600 Quadratmeter große Grundstück.
Beim offiziellen Spatenstich betonten mehrere Redner, wie wichtig die Maßnahme sei. LebenshilfeVorsitzender Paul Kling und Geschäftsführer Günter Schwendner erläuterten, dass der neue Standort für zahlreiche Betroffene Vorteile mit sich bringe. Sie stammten aus dem Raum Wemding, hätten damit kürzere Wege und könnten in ihrem gewohnten Umfeld bleiben. Die kleinere Werkstätte sei auch pädagogisch sinnvoll.
Für das Vorhaben brauchten die Verantwortlichen einen langen Atem. Laut Schwendner fanden aufgrund der beengten Situation in Nördlingen – dort sind in der Werkstätte mehr als 330 Personen tätig –
2014 erste Gespräche statt. Man habe entschieden, dort nicht mehr zu erweitern, sondern einen weiteren Standort aufzubauen. Die Lebenshilfe habe in drei Orten angefragt – und sei mit Wemding ins Geschäft gekommen.
Allerdings hätten sich die Planungen länger als gedacht hingezogen. Grund: Das Projekt geriet ins Stocken, weil die Förderzusagen auf sich warten ließen. Der Neubau sei fast schon auf der Kippe gestanden, berichtete der Geschäftsführer: „Wir mussten mit Nachdruck arbeiten.“
Dann seien die Bemühungen doch erfolgreich gewesen. Soll heißen: Der Freistaat übernimmt über sein Zentrum Bayern für Familie und Soziales 60 Prozent der 10,65
Millionen Euro. Die Agentur für Arbeit und der Bezirk Schwaben steuern jeweils etwa zehn Prozent bei. Den Rest muss die Lebenshilfe aus Eigenmitteln finanzieren.
Die Werk- und Förderstätte entsteht auf einem Areal am westlichen Stadtrand. Dort haben Ende 2019 die Erdarbeiten begonnen. Das Gelände erhält zwei Zufahrten: Der Zugang für Personen erfolgt über eine Stichstraße vom Stadelmüllerweg her, der Warenverkehr soll einmal über die Westtangente und die Straße Am Neuhau abgewickelt werden. Dies erläuterte Architekt Helmut Guckert vom Büro Moser und Ziegelbauer. Auf dem Grundstück sollen mehrere Gebäude hochgezogen werden mit einer bebauten Fläche von insgesamt 4400 Quabereits dratmetern. Das Volumen der Bauwerke entspreche dem von 20 Einfamilienhäusern. In den Bauwerken sind unter anderem vorgesehen: Arbeitsräume für die Werkstätte, ein Bereich für die Förderstätte, Verwaltungsräume, Sozialräume, ein Speisesaal und ein Lager. Durch die Anordnung der Bauten ergeben sich mehrere Höfe und Freiflächen.
Vorsitzender Kling bedankte sich bei den beteiligten Institutionen. Erfreut zeigte sich Bezirksrat Peter Schiele. Der verdeutlichte: „Eine Stärke der Region ist die soziale Infrastruktur.“Zu dieser leiste das Vorhaben der Lebenshilfe in Wemding einen wichtigen Beitrag. Die Arbeitsstätten für die Behinderten steigerten deren Selbstwertgefühl, brächten Struktur in ihren Tagesablauf und ermöglichten soziale Kontakte. Stellvertretender Landrat Reinhold Bittner sagte, er wisse aus Besuchen solcher Werkstätten: „Die Freude ist spürbar, wenn diese Menschen eine Beschäftigung haben.“Der Wemdinger Bürgermeister Martin Drexler sprach von einer Gemeinschaftsleistung, „so ein Projekt herzukriegen“. Neben der Sanierung der Anton-Jaumann-Realschule (rund 15 Millionen Euro) sei der Neubau der Lebenshilfe-Einrichtung ein zweites großes Vorhaben in der Stadt. Die Werk- und Förderstätte soll nach Angaben von Paul Kling bis Sommer 2021 fertig sein.