Pure Erleichterung
Basketball-Bundesliga Frauen Das Spiel der Angels gegen Göttingen wird zur Zerreißprobe für die Nerven. Wieder geht es in die Verlängerung – doch die Nördlingerinnen scheinen aus den Fehlern der Vorwoche gelernt zu haben
Nördlingen Eins muss man den Xcyde Angels lassen: sie bieten ihren Zuschauern immer Besonderes, diesmal fünf Minuten extra und den vierten Sieg im achten Spiel. Mit 77:70 nach Verlängerung fiel das Ergebnis am Ende viel deutlicher aus als das Spiel es war, doch am Ende zählt wie immer nur der Sieg. Hatte man in Marburg noch den Kürzeren gezogen, gab es diesmal lachende und erleichterte Gesichter bei Spielerinnen und Fans.
Das vorgezogene Spiel des 12. Spieltags stand unter eigenartigen Vorzeichen. Hätten die Verantwortlichen im Zuge ihrer Entscheidung, das für den 23. Dezember angesetzte Match vorzuverlegen, gewusst, dass auf der einen Seite der Headcoach außer Gefecht ist und auf der anderen Seite zwei Schlüsselspielerinnen, sie hätten das Spiel wohl lieber am angesetzten Termin gespielt.
Als Chef-Coach der Angels sprang Martin Graf für den kürzlich operierten Chef-Trainer Pat Bär in die Bresche und machte seine Sache mit seiner ihm eigenen Coolness und Routine ausgezeichnet, gab gerade nach der regulären Spielzeit die richtigen Anweisungen und feierte am Ende zurecht zwei gewonnene Punkte im Rennen gegen den Abstieg und um die Play-Off-Plätze.
Aus der schnellen 7:2-Führung Nördlingens erholten sich die Gäste mit einem respektablen Run zu einem aus Nördlinger Sicht unschönen 7:11. Ganz so leicht wie anfangs vermutet würden sich die Göttingerinnen also nicht geschlagen geben. Dafür sorgten schon deren hervorragende Schützen, allen voran Cori Coleman mit ihrer Scoring-Power von allen Positionen. Gegen eine Göttinger Mannschaft ohne ihren verletzten Turm Warner hatten die Angels ein offensichtliches Übergewicht auf den Innenpositionen, spielten den Ball aber zu selten auf Geiselsöder oder Timbilla, sondern verhedderten sich allzu oft bei FastBreak-Versuchen oder warfen von außen. Erst als die wieder genesene Hill zwei Dreier einstreute, war das Spiel wieder eng und die erneut sehr zahlreich erschienenen Fans dankten es mit Applaus und Begeisterung. Immerhin erlaubte man den Gästen nicht, mit einem allzu großen Vorsprung in die Pause zu gehen.
In der zweiten Halbzeit rangelten beide Teams darum, ihre Vorteile in die Waagschale zu werfen. Göttingens Grudzien nutzte ihre Erfahrung gegen die junge Geiselsöder. Auf der anderen Seite spielte Sami Hill ihre Schnelligkeit und ihr Wurfvermögen aus. Die Kanadierin traf nicht nur ihre Dreier, sondern ackerte auch noch unermüdlich in der Verteidigung und beim Rebound. Nach 30 Minuten hatte sich zwar noch kein Team bemerkenswert absetzen können, die Angels behaupteten aber zunächst einmal eine knappe 48:45-Führung. Diese war aber auch schnell wieder weg, denn die Gäste, die ohne große Ambitionen angereist waren, glaubten plötzlich an die Chance, Punkte aus dem Ries zu entführen. Mehrfach wechselte die Führung, bis sich Aleks Racic, gestern noch eingeflogen aus dem Trainingslager der serbischen Nationalmannschaft, ein Herz fasste und ihr Team per Dreier zum 57:53 nach vorne warf. Aber es wäre ja zu einfach, diesen VorSami sprung über die Zeit zu retten. Wie schon vor einer Woche mussten die Angels erneut Überstunden machen, unter anderem weil Göttingens Jenny Crowder nicht daran gehindert wurde, mit der Schluss-Sirene per Dreier auszugleichen. Ein einfaches Foul vorher hätte geholfen. So musste eben wieder eine Verlängerung her. Aber Mäkitalo, Racic und Co. hatten wohl ihre Lektion in Marburg verstanden, brachten jetzt endlich den Ball unter den Korb zu Luisa Geiselsöder und tüteten ihren vierten Saisonsieg ein. Mit 16:9 ging die Overtime deutlich an die Gastgeber. Topscorerin Aleksandra Racic ließ im Verbund mit der erneut starken Finnin Mäkitalo nichts mehr anbrennen. Mit einem weiteren Heimspiel geht das kuriose Angels-Programm weiter, wenn man am kommenden Sonntag den Aufsteiger aus Braunschweig empfängt, ein weiterer Heimsieg ist in Planung, diesmal hoffentlich ohne Extra-Minuten.
Angels: Luisa Geiselsöder (12, 7 Rebounds), Aleksandra Racic (21, 1 Dreier, 3 Assists, 4 Steals), Laura Geiselsöder (4), Amenze Obanor (3), Rashida Timbilla (2, 14 Rebounds, 6 Assists), Anni Mäkitalo (13, 3 Dreier) , Sami Hill (18, 4 von 4 Dreier, 7 Rebounds) und Magaly Meynadier (4).