Der Gastgeber will den Sturmlauf fortsetzen
Gegen Uruguay soll für Russland der Gruppensieg her. Ein Jubilar bei den Südamerikanern hat etwas dagegen
Es ist das Endspiel um den Gruppensieg – und WM-Gastgeber Russland strotzt nach zwei Siegen vor Selbstvertrauen. „Jetzt wollen wir auch Erster werden“, tönt Stürmer Artjom Dsjuba vor dem Spiel gegen Uruguay in Samara. Im Sturmlauf hat die Sbornaja ihr Minimalziel, das Achtelfinale, erreicht.
Der zweifache WM-Torschütze Dsjuba sagte: „Jetzt streben wir das Maximum an. Und wer weiß, wo das liegt? Bei diesem Turnier gibt es bisher keinen klaren Favoriten.“5:0 gegen Saudi-Arabien, 3:1 gegen Ägypten: Die russische Mannschaft hat im Riesenreich eine nie geahnte Euphorie entfacht. Aber Uruguay ist für die Gastgeber der dickste Brocken in Gruppe A. Trainer Stanislaw Tschertschessow muss vor der Partie vor allem die Frage des Personals lösen. Gönnt er Stützen wie Alexander Golowin oder Juri Schirkow vor dem Achtelfinale eine Pause und setzt Ergänzungsspieler ein? Riskiert er gegen Uruguay eine „kosmetische Niederlage“? „Nein“, erklärte der lange umstrittene, nun aber allseits gelobte Coach. „Wir bereiten uns auf das Spiel genauso vor wie auf die anderen Begegnungen zuvor. Wer am besten in Form ist, der spielt. Ich werde keine besonderen Wechsel vornehmen.“
Das Schielen auf den möglichen Kontrahenten in der K.-o.-Runde bringt auch nicht viel: Spanien, Portugal oder der Iran sind Mannschaften mit Ambitionen, zudem finden die Partien der möglichen Gegner erst nach dem Russland-Spiel statt. Da ist Gruppenplatz eins oder zwei für Russland fast egal, auch wenn Stürmer Denis Tscheryschew meint: „Schon ein Remis reicht für den Gruppensieg.“Aber auf Unentschieden spielen? 90 Minuten sind verteufelt lang bei einem Gegner, der weiß, wie man attackiert, und die Mittel dazu hat.
Bei Uruguay rückt nach dem gelungenen Jubiläum von Luis Suárez, der in seinem 100. Länderspiel zum 1:0 gegen Saudi-Arabien traf, gegen die torhungrigen WM-Gastgeber nun Torwart Fernando Muslera in den Blickpunkt. Der 32 Jahre alte Keeper vom türkischen Meister Galatasaray Istanbul absolviert gegen Russland sein 100. Länderspiel und avanciert mit seinem insgesamt 14. Endrundeneinsatz zugleich zum alleinigen WM-Rekordspieler Uruguays. Er zieht an Ladislao Mazurkiewicz vorbei, der bei den Turnieren 1966, 1970 und 1974 insgesamt 13 Mal das Tor der Südamerikaner hütete. Bislang ist die Celeste bei der laufenden WM noch ohne Gegentor.
Russlands umstrittener Sportfunktionär Witali Mutko lobt indes die Auswahl des Gastgeberlands. Die derzeitige Mannschaft sei noch besser als die Sbornaja von der EM 2008, lobte der enge Mitarbeiter von Präsident Wladimir Putin bei einem Besuch im Trainingslager in Nowogorsk bei Moskau. Damals, vor genau zehn Jahren, war Russland erst im Halbfinale an Spanien gescheitert. Historisches hat die aktuelle Auswahl aber bereits jetzt geschafft: Erstmals seit dem Zerfall der Sowjetunion 1991 erreichte eine russische Fußballnationalmannschaft das Achtelfinale einer WM. Und der Befehl, den Putin nach dem siegreichen Eröffnungsspiel Tschertschessow per Telefon mitteilte, gilt ja noch: „Weiter so“.
● Saudi Arabien – Ägypten 16 Uhr ZDFinfo
Im Gleichschritt verabschieden sich die bislang punktlosen Nachbarländer aus dem Turnier. In Saudi-Arabien hatte nach dem 0:5 zum Auftakt gegen Russland schon niemand mehr mit dem Weiterkommen gerechnet. Das 0:1 gegen Uruguay wurde als ordentlich gewertet. Punktlos will sich jedoch auch Ägypten bei seiner ersten WMTeilnahme seit 28 Jahren nicht verabschieden. Längst ist Kritik am Zusammenhalt der Mannschaft um Stürmerstar Mohamed Salah und an Trainer Héctor Cúper laut geworden. Torwart Essam Al-Hadari (45) könnte noch mal Spielminuten bekommen, er wäre dann der älteste je bei einer WM eingesetzte Spieler.
● Iran – Portugal 20 Uhr, ZDF
Der Traum vom ersten AchtelfinalEinzug der WM-Geschichte lebt für den Iran. Ähnlich wie beim 0:1 gegen Spanien dürfte das Team von Trainer Carlos Queiroz zumindest zunächst wieder auf gesicherte Defensive setzen. Für den Portugiesen ist es gegen sein Heimatland ein ganz besonderes Duell. Beim Gegner dreht sich mal wieder alles um Cristiano Ronaldo: Vier Tore in zwei Spielen, nur er traf bisher für den Europameister. Ein abruptes Ende der CR7-Gala wollen seine Mitspieler mit allen Mitteln verhindern. Bis auf den angeschlagenen Joao Moutinho sind alle fit.
● Spanien – Marokko 20 Uhr ZDFinfo
Bei Spanien ist Diego Costa nach seinen bisher drei Toren als Sturmspitze gesetzt. Dahinter könnte Marco Asensio von Real Madrid für seinen Klubkollegen Lucas Vazquez erstmals von Anfang an spielen. Bayern-Profi Thiago ist unter Fernando Hierro in die Warteschleife gerutscht, könnte aber zum Zuge kommen, falls Hierro dem 34-jährigen Strategen Andrés Iniesta eine Pause gönnt. Für Marokko ist es die Abschiedsvorstellung. Das Team von Trainer Hervé Renard hat nach zwei Niederlagen keine Chance mehr, will den Favoriten aber ärgern und erstmals treffen. (dpa)