Jazz in der Pfarrkirche
In Hohenaltheim führen der Kammerchor Oettingen, Solistin Conny Pfau und die Band „RiesJazz“die Latin Jazz Mass auf. Die Zuhörer sind begeistert
Hohenaltheim Jazzmesse in einer alten Dorfkirche? Geht das? Inmitten des Chorraums der historisch bedeutsamen Hohenaltheimer Johannes-Kirche, umgeben von Gedenktafeln und vor einem uralten Altar, stellt sich der Kammerchor Oettingen auf. Die Sänger positionieren sich hinter die Jazzband, um Martin Völlingers „Latin Jazz Mass“aufzuführen. Diese Umgebung und Jazz – es ist ein scheinbar unauflösbarer Widerspruch.
Das voll besetzte Gotteshaus hört auf die ersten Klänge der Band: ein tolles Saxofon, von einem grooven Schlagzeug und einem einfühlsamen Schlagzeuger begleitet, auf einer fundierten Basis des E-Pianos und eines präzisen E-Basses. Conny Pfau, die Jazzgesangs-Ikone des Rieses, setzt mit ihrer jazzig angehauchten Stimme ein, mit der sie sich seit Jahren in die Herzen ihrer Fans gesungen hat. Sie stimmt das Publikum im idealen Zusammenspiel mit „RiesJazz“auf die Atmosphäre ein, die sich aus der Verbindung der alten ehrwürdigen Kirche und emotionalem Jazzgesang entwickelt.
In ihren Solobeiträgen spiegelt sich ihr großes Repertoire an Songs berühmter Jazzgrößen: Bette Middlers Filmsong „The Rose“zum Gedenken an die große Jazzsängerin Janis Joplin, „What a Wonderful World“von Louis Armstrong, den schmissigen „One-Note-Samba“von Antonio Carlos Jobim und „Morning Dance“der seit Jahrzehnten bis heute erfolgreichen Band „Spyro Gyra“. Die lateinischen Texte der „Latin Jazz Mass“von Martin Völlinger stammen aus den Messtexten, wie sie in den frühen Messen galten, vertont in den Harmonien der neuen Zeit zur Aufführung mit Chor und Jazzband.
Die afro-amerikanische Frömmigkeit mit der hiesigen Mentalität glaubhaft in Einklang zu bringen, gelingt bestens mithilfe der authentisch wirkenden Musik der Band. Die Musiker gestalten das „Opening“und das „Kyrie“im Salsa-Stil und das „Gloria“im Samba-Rhythmus mit treffenden Rhythmen und großer Empathie. Die im Stil der Gospelsongs gestalteten „Psalm und Halleluja“bilden die Höhepunkte des ersten Teils. Der Text „We are free, Hallelujah“verdeutlicht den Kerngedanken der Sklavenbefreiung durch ausdrucksvollen Chorgesang und ein super Zwischenspiel, bei dem sich Bernd Fischer als außergewöhnlicher Saxofonist präsentiert.
Er reißt seine Partner, Markus Prügel am Piano, Thomas Höpfner am Schlagzeug und Arnd Pischke am E-Bass mit, die sich gewissermaßen als Garanten für eine stilsichere Darbietung erweisen. Dafür steht auch Conny Pfau, die mit ihrer ganzen Emotionalität und mit ihrer vor allem in den tieferen Lagen für Jazz prädestinierte Stimme ihre Soli beim Bossa Nova „Laudato Si“und dem Tango „We proclaim your death“zelebriert und beim Chor eine so große Begeisterung entfacht, dass gelegentlich die Differenzierung der Lautstärke etwas vernachlässigt wird.
Andererseits sind die englischen Texte sehr gut verständlich, die Übereinstimmung in den mehrstimmigen Passagen und den Einsätzen stets tadellos, was auf die offensichtlich sehr engagierte Probenarbeit der Chorleiterin Heidrun MichelJanu zurückzuführen ist.
So erleben die Zuhörer eine mitreißende Aufführung dieser Messe, der am Ende großer Beifall beschieden ist. Darauf gibt es die Wiederholung des „Hallelujah“als Zugabe.
Ein trauriger Schlussmoment, auch für die beiden Gastgeber Pfarrer Wilhelm Imrich und Hohenaltheims Bürgermeister Wulf-Dietrich Kavasch, ist die Ankündigung, dass Conny Pfau das Ries in Richtung Berlin verlassen werde.