Zwei Feinde reichen sich die Hand
Mitten in der Atomkrise bietet Nordkorea dem Süden Entspannungsgespräche an. Olympia soll zum Symbol werden. Doch die Erfahrung zeigt, wie wenig dem Regime zu trauen ist
Seoul/Peking Es ist ein Durchbruch in der koreanischen Atomkrise: Nordkorea nimmt mit einer Mannschaft an den Olympischen Winterspielen in Südkorea teil. „Wir hoffen, dass die Gespräche nun in einem versöhnlichen Geist weitergehen“, sagte Südkoreas Wiedervereinigungsminister Cho Myoung Gyon. „Frisch gewagt ist halb gewonnen.“Er schlug vor, die Mannschaften beider Länder zusammen ins Stadion einmarschieren zu lassen. Nordkorea hatte zuvor angekündigt, außer den Sportlern auch politische Vertreter, Journalisten, Artisten und eine TaekwondoTruppe ausreisen zu lassen.
Am Dienstag begannen mit diesem Erfolg nach einer zweijährigen Eiszeit erste Gespräche zwischen Nord- und Südkorea. Bei seiner Neujahrsansprache hatte Machthaber Kim Jong Un von Provokationen auf sanfte Töne umgeschaltet. Anfängliche Befürchtungen, Kim könnte die mögliche Olympia-Teilnahme an dreiste Bedingungen knüpfen, zerschlugen sich bei den Gesprächen. Nordkorea zeigte sich verblüffend umgänglich.
In der militärischen Grenzsiedlung Panmunjeom trafen sich je fünf hochrangige Vertreter beider Seiten in einem schmalen Konferenzraum. Die nordkoreanische Delegation leitet Ri Son Gwon, der Vorsitzende des Komitees für friedliche Wiedervereinigung. Der Staatssekretär des Sportministeriums war ebenfalls da- bei. Südkorea schickte Cho und seinen Stellvertreter.
Südkorea preschte gleich bei dem ersten Treffen mit weiteren Vorschlägen vor, die über die Organisation des Sportereignisses hinausgingen. Cho sprach sich für Abrüstungsgespräche aus. Er bot zudem eine neue Runde von Familienzusammenführungen an. Dabei treffen sich Geschwisterpaare, die sich bei der Teilung des Landes Ende der vierziger Jahre auf unterschiedlichen Seiten der Grenze wiedergefunden haben. In einer gemeinsamen Mitteilung erklärten beide Staaten, sie wollten die „aktuellen militärischen Spannungen entschärfen“und Militärgespräche führen.
Nord- und Südkorea stehen sich seit sieben Jahrzehnten im Kriegszustand gegenüber. Auch heute gilt offiziell nur ein Waffenstillstand. Der Norden hatte damals Unterstützung der Sowjetunion und Chinas erhalten, während Amerika versuchte, den Süden zu verteidigen. In den vergangenen Monaten hatte Kim die Welt mit einer raschen Folge von Waffentests verunsichert. Er hat die Funktionsfähigkeit seiner Atombomben und der passenden Interkontinentalraketen gezeigt.
Nordkorea zeigte sich verblüffend umgänglich
Experten bezweifeln aber, dass die Systeme zuverlässig arbeiten – doch die Drohung ist eindeutig.
Das Regime in Nordkorea zeigt im Umgang mit dem Rest der Welt ein wiederkehrendes Muster. Auf Phasen der Provokation folgen Phasen der Öffnung. Das hat regelmäßig ganz im Sinne Pjöngjangs funktioniert. Die Aufrüstung hat die Nachbarn so in Furcht versetzt, dass sie zu Zugeständnissen und Wirtschaftshilfe bereit waren.
In den ruhigeren Phasen hat Nordkorea sein Waffenarsenal dann jedoch mitnichten abgebaut. Das Regime hat lediglich die Tests ausgesetzt. Wenn sich Südkorea dann gerade wieder etwas in Sicherheit wiegen konnte, gingen die Aggressionen erneut los. Derzeit wechselt der Kreislauf des Verhaltens Nordkoreas von seinem aggressiven Abschnitt in die friedfertigere Phase.